Gynäkologen warnen Schwangere vor Covid-19

Neue Studien zeigen: Schwangere, die übergewichtig, krank oder älter als 35 Jahre sind, könnten durch Covid-19 gefährdet sein.

, 6. August 2020 um 09:37
image
Bisher konnten Gynäkologinnen und Gynäkologen ihre schwangeren Patientinnen beruhigen: Sie hätten kein höheres Risiko, an Covid-19 zu erkranken.
Nun gibt es aber neue Daten. Aufgrund dieser kommt das amerikanische Center für Disease Control und Prevention (CDC) zum Schluss, dass im letzten Drittel der Schwangerschaft das Risiko für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf und die Gefahr einer Frühgeburt erhöht sei. Ausserdem könnte auch das Ungebore angesteckt werden. Vor allem bei Schwangeren, die übergewichtig, älter als 35 Jahre oder krank sind, deuten die Studien auf ein erhöhtes Risiko.

Für gesunde Schwangere kein Test nötig

Müssen sich nun alle Schwangeren auf Covid-19 testen lassen? Nein, sagt die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). «Ohne Symptome oder Kontakt mit infizierten Personen ist kein Test notwendig.» Man müsste den Test sonst ständig wiederholen.
Doch warum kommen die Gynäkologen überhaupt zu dieser plötzlichen Kehrtwende bei der Risikoeinschätzung von Schwangeren?
Konkret haben folgende neue Erkenntnisse dazu geführt:
  • Eine Studie des CDC zeigt: Von gut 8000 infizierten Frauen wurden rund 30 Prozent der Schwangeren ins Spital eingeliefert; jedoch nur gut 5 Prozent der Nicht-Schwangeren.
  • Ähnlich in Schweden: Dort haben schwangere Frauen ebenfalls ein höheres Risiko, wegen Covid-19 ins Spital zu müssen.
  • In einer französisch-belgische Studie mit 83 schwangeren und 107 nicht-schwangeren infizierten Frauen wurden 58 Prozent der Schwangeren und nur 17 Prozent der Nicht-Schwangeren hospitalisiert. 11 Prozent der Schwangeren und nur 2 Prozent der Nicht-Schwangeren mussten auf die Intensivstation.
  • In England zeigte eine Untersuchung, dass nicht alle Schwangere gleich gefährdet waren: 69 Prozent der hospitalisierten Schwangeren waren übergewichtig, 41 Prozent über 35 Jahre alt.
Studien in Spanien und Frankreich zeigten aber auch: Etwa ein Drittel der Schwangeren, die sich mit Covid-19 infiziert hatten, zeigten überhaupt keine Symptome.
Ungeborene können ebenfalls mit Covid-19 infiziert werden. Es schadet ihnen aber offenbar nicht. Ist die Mutter an Covid-19 erkrankt, kann es hingegen zu mehr Frühgeburten kommen.

Risiko nicht für alle Schwangere gleich hoch

Die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) stellt aufgrund dieser neuen Erkenntnisse fest: «Schwangere haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung.» Und zwar vor allem bei Übergewicht, Bluthochdruck und einem Alter über 35 Jahre.

Homeoffice empfohlen

Schwangere Frauen gehörten deshalb zur Risikogruppe und müssten vor einer Infektion geschützt werden, auch am Arbeitsort. Wo möglich empfiehlt die SGGG Homeoffice.

Alle vier Wochen ein Ultraschall für Infizierte

Wird eine schwangere Frau trotzdem infiziert, müsse die Schwangerschaft engmaschig überwacht werden, insbesondere mit Ultraschall-Untersuchen alle vier Wochen.

Kaiserschnitt nicht unbedingt nötig

Ein Kaiserschnitt allein aufgrund einerCovid-19-Erkrankung ist gemäss SGGG nicht notwendig, sofern die Frau nicht schwer erkrankt ist.

Partner bei der Geburt zugelassen

Die Anwesenheit des Partners oder der Partnerin bei der Geburt sei ausserdem wichtig für die Unterstützung der Frau und sollte auch bei infizierten Frauen gestattet sein - unter der Voraussetzung, dass die Person keine Symptome einer Covid-19-Erkrankung zeigt. Auch stillen könnenerkrankte Mütter.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Zürich bekommt eine neue Kantonsärztin, Appenzell sucht eine

Franziska Kluschke tritt im Februar in die Fussstapfen von Christine Maier.

image

Roche macht sich bei seltenen Krankheiten rar

Der Basler Pharmakonzern richtet seine Forschung neu aus: Er will sich auf fünf grosse Therapiegebiete konzentrieren.

image

Clinicum Alpinum Liechtenstein: Mitgründer tritt zurück

Marc Risch übergibt das Zepter an Pavel Ptyushkin.

image

Das Ende des Numerus Clausus ist beschlossen

Trotz Widerstand von Bundesrat Guy Parmelin setzt das Parlament auf eine Alternative zum NC für angehende Schweizer Ärzte.

image

VSÄG: Schlagabtausch zwischen abgewählter Präsidentin und Kantonsarzt

Monique Lehky Hagen wurde als Präsidentin der Walliser Ärztegesellschaft abgewählt - und warf dem Kantonsarzt Eric Masserey Manipulation vor. Dieser kontert.

image

Spital Emmental: Neues Führungsteam für das chirurgische Departement

Ab Januar 2025 wird Matthias Schneider Chefarzt der Chirurgie, André Gehrz sein Stellvertreter in Burgdorf. Stephan Vorburger wechselt intern.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.