Diabetes: So können Hausärzte entlastet werden

Medizinische Praxiskoordinatorinnen können bei der Betreuung von Diabetes-Patienten viele Leistungen gleichwertig übernehmen. Das zeigt eine Schweizer Studie.

, 27. Juni 2022 um 07:25
image
  • diabetes
  • hausärzte
  • ärzte
  • forschung
Können neue Betreuungsmodelle dabei helfen, Hausärztinnen und Hausärzte bei der Behandlung von Patienten mit Diabetes zu unterstützen? Dieser Frage widmet sich eine neue Studie des Berner Instituts für Hausarztmedizin (BIHAM).
An der Querschnittstudie, welche die Betreuung von Patienten mit Typ-2-Diabetes in Praxen mit und ohne Medizinischen Praxiskoordinatorinnen (MPK) vergleicht, haben 22 Praxen aus der Deutschschweiz – darunter zwölf mit MPK – teilgenommen. Die Stichprobe ­umfasst rund 170 Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes, die bei Beginn der Untersuchung im August 2020 seit mindestens einem Jahr in Behandlung waren. 
Es handelt sich um die erste Studie in der Schweiz, welche die Wirkung der Arbeit der MPK mit klinischer Richtung untersucht. Über die Studie bereits berichtet, hat unter anderem die «Schweizerische Ärztezeitung».

Entlastung für Hausärzte

MPK können Hausärztinnen und Hausärzte bei der Betreuung von Patienten mit Diabetes auf einem qualitativ hohen Behandlungsniveau entlasten, wie die Ergebnisse zeigen. Gemäss der Studie können komplexe und zeitintensive Betreuungsaufgaben von den Hausärzten zu den MPK verlagert werden. Ob Blutzuckermessungen, Fussuntersuchungen oder Ernährungs- und Bewegungsberatung: MPK können bei der Betreuung von Diabetes-Patienten viele Leistungen gleichwertig übernehmen.

Das sagt der Co-Studienleiter

«Die hohe Qualität der Diabetesbetreuung durch die Ärzteschaft wird mit dem Einsatz von MPK erhalten. Die interprofessionelle Arbeit wird Ärztinnen und Ärzten helfen, mehr Sprechstundenzeit für die komplexeren Patienten bereitzustellen», wird Co-Studienleiter Sven Streit, Leiter interprofessionelle Grundversorgung beim BIHAM zitiert.

Gleich hohe Betreuungsqualität in beiden Modellen

Die Studie zeigt zudem, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes von den untersuchten Hausarztpraxen ohne MPK auf einem sehr hohen Qualitätsniveau behandelt werden. Und: Die untersuchten Praxen mit MPK erzielen bezüglich der Behandlungsqualität und -last sowie der Zufriedenheit mit der Behandlung gleich gute Resultate.
Die Studienleiterin, Anna-Katharina Ansorg, sagte: «Die Ärztinnen und Ärzte, die an unserer Studie teilgenommen haben und selber eine MPK beschäftigen, haben die interprofessionelle Zusammenarbeit durchweg positiv bewerte.»

Können auch Kosten gespart werden?

Ob das Modell mit MPK kostensparend ist, kann die Studie nicht beantworten. Streit aber sagte gegenüber der Online-Plattform: «Wir haben deutliche Hinweise auf das Potenzial geringerer Kosten in einem Modell mit MPK. Jeder Diabetiker, der gut betreut wird, verursacht längerfristig tiefere Gesundheitskosten.»

Hürden bei der Abrechnung

Die Studienresultate stützten die laufenden Bestrebungen, die interprofessionelle Versorgung im Gesundheitswesen zu stärken, steht im Artikel der «Schweizerischen Ärztezeitung». Bei der Umsetzung würden Ärztinnen und Ärzte jedoch auf Hindernisse stossen. Derzeit ist es nämlich nicht möglich, die Leistungen der MPK an chronisch kranken Patienten abzurechnen. Spezielle Tarifpositionen für MPK würde eigentlich der Tardoc vorsehen, doch dieser wurde Anfang Juni erneut zurückgewiesen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Neuer Präsident der Gesellschaft für Dysphagie

Bartosz Bujan von der Klinik Lengg wird Nachfolger von Jörg E. Bohlender

image

Darum ist der Kanton Uri für junge Ärzte interessant

Lange war Uri bei der Ärztedichte das Schlusslicht. Heute zieht es immer mehr junge Ärzte in den Innerschweizer Kanton - dank verschiedenen Förderinitiativen.

image

In Deutschland droht der nächste Ärzte-Streik

60'000 Spitalärzte prüfen den Ausstand. Womit die Streikwelle in Europas Gesundheitswesen bald den nächsten Höhepunkt erreichen könnte.

image

Einstimmig: Zürich soll Medizin-Studienplätze massiv ausbauen

Der Kantonsrat beauftragt die Regierung, zu berechnen, wie 500 zusätzliche Plätze geschaffen werden könnten.

image

Kein Geld und keine Zusammenarbeit mehr mit Tabakindustrie

Deutsche Ärzte wollen sich nicht mehr von Tabakherstellern beeinflussen lassen. Sie haben deshalb einen neuen Kodex vereinbart.

image

Gefahr im Verborgenen: Herzinsuffizienz bei Diabetes

Um die Bedrohung von Herzinsuffizienz bei Diabetespatienten rechtzeitig zu bekämpfen, setzen Schweizer Experten auf Früherkennung. Dazu gibt es ein neues Konsensuspapier.

Vom gleichen Autor

image

«Ich brauchte nach der Pause mindestens drei Jahre»

Daniela Fürer arbeitete rund eineinhalb Jahre als Intensivpflegefachfrau, dann wurde sie Mutter und machte eine lange Pause – bis zum Wiedereinstieg.

image

Quereinstieg Pflege: Hunger auf beruflichen Neubeginn

Der Rucksack von Annette Gallmann und Peter Kienzle ist gefüllt mit allerhand Arbeits- und Lebenserfahrung. Die 47-jährige Gastronomin und der 52-jährige Art Director machen die Ausbildung HF Pflege.

image

Hat das Stethoskop auf Arztfotos seine Berechtigung?

Ärztinnen und Ärzte werden fast immer mit einem Stethoskop um den Hals abgelichtet. Braucht’s das? Und: Ist das medizinische Diagnoseinstrument überhaupt noch zeitgemäss?