Operation aus 20 Kilometer Entfernung

Eine Studie zeigt neue Möglichkeiten bei der Fernbehandlung akuter Erkrankungen auf.

, 25. Oktober 2019 um 06:10
image
  • spital
  • chirurgie
  • herzchirurgie
  • studie
Herzleiden sind einer der grossen Volkskrankheiten. Sie enden unbehandelt nicht selten tödlich. Bei hochgradigen Koronarstenosen, bei starker Verengung einer oder mehrerer Koronararterien, schafft eine Perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) Abhilfe. Doch was, wenn keine Einrichtung mit ausgebildeten Operateuren in der Nähe ist? Das kann in Ländern mit schwach entwickelter Gesundheitsversorgung der Fall sein - oder aber auch in Ländern mit verzweigten, bergigen Tallandschaften wie es sie in den Schweizer Alpen gibt.
In Indien wurde nun erstmals ein Verfahren am Menschen getestet, bei dem die PTCA aus der Ferne durchgeführt wurde. Sprich: Vor Ort wurde Roboter gestützt operiert - die operierende Person sass aber über 20 Kilometer entfernt vor einem Bildschirm. Die Studie zu den fünf ersten solchen Eingriffen wurde jetzt in der renommierten Fachzeitschrift «The Lancet» publiziert.

Vorteile durch den Roboter

Roboter assistierte PTCA werden seit dem Jahr 2011 erfolgreich durchgeführt. Dadurch konnte die Strahlenbelastung der operierenden Person reduziert werden. Trotz Assistenz eines Roboters ist die Operateurin aber normalerweise in der Nähe des Patienten. Dies aber in einer separaten, bleiverkleideten Kabine. So muss die operierende Person selbst keinen Bleimantel tragen. Dadurch sollen orthopädische Leiden vermieden werden, die durch das häufige Tragen der schweren Schutzmäntel ausgelöst werden können. Durch die Assistenz des Roboters konnte gemäss «The Lancet» zudem die Präzision der Eingriffe sowie die Genauigkeit und Präzision der Messung von Läsionsgrösse, Stent-Länge und die Stent-Positionierung verbessert werden.
Im Bestreben, auch aus der Distanz operieren zu können, haben amerikanische Forscherinnen und Forscher das «Telestenting» erst an Schweinen ausprobiert. Sie operierten die Tiere in einem Zuchtbetrieb aus 166 Kilometer Entfernung.

Operationen geglückt

Die Autoren der nun im «Lancet» publizierten Studie machten nun dasselbe an Menschen. Dabei ging es vor allem darum, zu schauen und zeigen, ob und dass das möglich ist. Ein einziger Operateur führte dazu in Indien PTCA an fünf Patienten durch, die jeweils rund 20 Kilometer entfernt in einem Operationssaal lagen.  
Dabei wurde eine CorPath-GRX-Plattform mit zuverlässigen Netzwerkgeräten (LAN/MAN/WAN-Konnektivität) sowie einem fortschrittlichen audiovisuellen Telekommunikationssystem verwendet, das zwischen die beiden Robotic Control Workstations geschaltet war, schreiben die Studienautoren.
Die «First-in-Human»-Studie gelang. Die Eingriffe waren erfolgreich. Voraussetzung dafür seien eine zuverlässige Netzwerkverbindung und die nötige Technik am Ort des Eingriffs. Im Rahmen der Studie standen vor Ort Operationsteams bereit, um in Falle von Problemen übernehmen zu können. Sie wurden aber nicht gebraucht.

Auch bei Schlaganfällen möglich

Die Studienautoren sehen «unzählige Möglichkeiten für die ferngesteuerte Behandlung mittels CAD in unterentwickelten Ländern oder in ländlichen Gebiet, wo es keinen direkten Zugang zu einer Operateurin oder einem lokalen Krankenhaus gibt, das auf Herz-Kreislauf-Notfallversorgung spezialisiert ist. Es seien ebenfalls Anwendung in anderen Disziplinen möglich -  insbesondere im Rahmen der Behandlung von Schlaganfällen.
Die gesamte Studie findet sich hier.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

KSA: Weiterer Abgang in der Geschäftsleitung

Sergio Baumann ist nicht länger beim Kantonsspital Aarau tätig: Der Betriebsleiter, der zeitweise als interimistischer CEO fungierte, hat sein Büro bereits geräumt.

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.