Psychiatrische Dienste Aargau beurlaubt leitende Mitarbeitende

Bei den Psychiatrischen Dienste Aargau soll es brodeln: Zwei Mitarbeitende haben ein Hausverbot erhalten. Betroffen sind Stationen, die bereits mit Personalmangel zu kämpfen haben.

, 26. Oktober 2021 um 05:34
image
Die Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) haben kürzlich zwei leitende Mitarbeitende der Akutstationen der Erwachsenenklinik beurlaubt – und ihnen ein Hausverbot erteilt. Dies zeigen Recherchen der «Aargauer Zeitung». Als Grund nennt die Zeitung einen Brief, den die Mitarbeitenden gemeinsam mit anderen Pflegefachpersonen an Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati geschrieben haben.
Seither sind die beiden an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr erwünscht, wie die AZ berichtet. Im Brief wurden Missstände angeprangert: Auch die Versorgungssicherheit war Thema im Brief. Eine langjährige Mitarbeiterin sagte der Zeitung ebenso, dass die PDAG zu wenig Personal hätten, das zu viele Patientinnen und Patienten versorgen müsse. 
Zur Frage der Versorgungssicherheit auf den drei Akutstationen für Erwachsene hat der Verwaltungsrat der PDAG inzwischen unabhängig davon ein externes Gutachten in Auftrag gegeben. Der Bericht soll bis Ende Januar 2022 vorliegen. 

Pflegepersonal erhält Rückendeckung vom Verband

Jean-Francois Andrey, der CEO der PDAG, bedauert gegenüber der AZ, dass die Pflegefachpersonen nicht zuerst an die zuständigen Behandlungsverantwortlichen gelangt seien. Er fühlt sich übergangen. 
Doch offenbar hätten die Mitarbeitenden seit Jahren versucht, die Geschäftsleitung auf Probleme aufmerksam zu machen, beispielsweise den tiefen Personalschlüssel. Aber sie fühlten sich «weder gehört noch ernstgenommen», wie sie der Zeitung sagen. Und es fehle gegenüber dem Personal an Wertschätzung.
Erik Grossenbacher vom Berufsverband für Pflegefachpersonal SBK Aargau-Solothurn findet es «vollkommen richtig», dass sich das Pflegepersonal in einem Brief an den zuständigen Regierungsrat gewandt hat. Er weiss, dass sich die Mitarbeitenden schon länger wehren und die Geschäftsleitung auf Missstände hingewiesen haben, wie er der AZ schildert. Er sieht den Brief an den Gesundheitsdirektor als Zeichen dafür, dass sich das Personal von der Geschäftsleitung nicht gehört fühlt.

9 von 60 Betten sind geschlossen

PDAG-Chef Andrey wollte sich gegenüber CH Media nicht zu den Gründen für die Beurlaubung der beiden leitenden Mitarbeitenden der Akutstationen äussern. 
Vor zwei Wochen sagte er der «Aargauer Zeitung», dass die drei Akutstationen für Erwachsene «permanent am Limit laufen würden» und «eigentlich überlastet» seien. Der Personalmangel hat sogar soweit geführt, dass derzeit 9 von 60 Betten auf den Akutstationen nicht mehr betrieben werden. 
Die PDAG ist nicht die einzige Psychiatrische Klinik, die wegen Personalmangel weniger Patientinnen und Patienten betreuen kann. Bereits im Kanton Bern mussten im Psychiatriezentrum Münsingen und bei den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) je eine Akutabteilung für Erwachsene geschlossen werden. In Zürich ist ein Bettenabbau wie in den Kantonen Aargau und Bern bis jetzt kein Thema, wie die NZZ vor kurzem berichtete.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

KSA: Weiterer Abgang in der Geschäftsleitung

Sergio Baumann ist nicht länger beim Kantonsspital Aarau tätig: Der Betriebsleiter, der zeitweise als interimistischer CEO fungierte, hat sein Büro bereits geräumt.

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.