Eskaliert der Streit ums Spital?

Der Kanton Bern stösst den Kanton Jura mit seinem Vorgehen vor den Kopf.

, 10. Januar 2020 um 11:11
image
  • spital
  • hôpital du jura bernois
  • kanton bern
  • jura
Es ist ein Entscheid mit grosser politischer Sprengkraft: Die Berner Regierung hat entschieden, 35 Prozent des Hôpital de Jura bernois (HJB) an die Privatspitalgruppe Swiss Medical Network zu verkaufen. Diese Transaktion hat das Potenzial, zu überkantonalen politischen Spannungen führen. 
Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Kanton Bern den Kanton Jura erst einen halben Tag vor dem Versand der Medienmitteilung informell über den Deal mit dem SMN informiert hat. Dies zeigen Recherchen von Medinside. Der jurassische Gesundheitsdirektor Jaques Gerber (FDP) sagt auf Anfrage, sein Berner Konterpart Pierre-Alain Schnegg (SVP) habe ihn am Donnerstag um 16 Uhr am jährlichen Treffen der kantonalen Gesundheitsdirektoren in Interlaken darüber informiert. Er sei ob der Neuigkeiten überrascht gewesen. Das Vorgehen der Berner Regierung sei speziell. Es sei aber nicht das erste Mal, dass die Berner Regierung so agiere. Das Vorgehen des Kanton Bern sei dem Vertrauen in der Zusammenarbeit sicher nicht förderlich.

Jurafrage ist heikles Thema

Doch weshalb ist dieses Spitalgeschäft so derart heikel? Der Grund ist das Spital in der Stadt Moutier, das Teil des HJB ist. Die Stadt gehört zum Kanton Bern, hat aber in einem Volksentscheid vor drei Jahren entschieden, zum Kanton Jura wechseln zu wollen. Doch das Berner Verwaltungsgericht hat die Abstimmung annulliert. Nun kommt es zu einer Neuauflage. Dies in einer Stimmung, die im Kontext der jahrzehntelang hitzig diskutierten Jurafrage - vor Jahrzehnten kam es dabei auch zu Sprengstoffanschlägen  - sehr aufgeladen ist. 

Eigentlich stecken Bern und der Jura in Verhandlungen

Weil noch nicht klar ist, zu welchem Kanton Moutier künftig gehören wird, will auch der Kanton Jura über die Zukunft des Spitals in Moutier mitreden. Als der Kanton Bern vor ein paar Jahren die Option einer Verkaufs in Spiel brachte, reagierte der Kanton Jura harsch - und schaltete das Bundesgericht und den Bundesrat ein. Daraufhin wurden Verhandlungen über das Spital Moutier aufgenommen.
Diese laufen seit neun Monaten. Dabei geht es auch um Umwandlung des Akutspitals Moutier in eine psychiatrische Klinik. Schnegg habe ihm zugesichert, dass dieser Prozess weitergehe, sagt Gerber. Auch der Kanton Jura will daran festhalten.

Positive und negative Optionen

Inhaltlich will sich der jurassische Gesundheitsdirektor Gerber zum Engagement des SMN am HJB nicht im Detail äussern. Dazu fehlten ihm schlicht die Informationen. Er sagt aber, dass das Investment des SMN in die Spitalgruppe grundsätzlich positiv zu bewerten sei. Positiv könne sich die Beteiligung auch entwickeln, wenn das SMN an einer konstruktiven Zusammenarbeit informiert sei. Einen negativen  Einfluss erwartet Gerber, falls das SMN nur deshalb investiere, weil es sich auf lukrative Angebote konzentrieren wolle. 
Affaire à suivre.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

KSA: Weiterer Abgang in der Geschäftsleitung

Sergio Baumann ist nicht länger beim Kantonsspital Aarau tätig: Der Betriebsleiter, der zeitweise als interimistischer CEO fungierte, hat sein Büro bereits geräumt.

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.