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Was halten Sie von Affären zwischen Ärzten und Patienten?
Oder: Würden Sie einen Kunstfehler eingestehen? Eine Umfrage testete die Haltung von Medizinern in Deutschland, Frankreich und Amerika zu ethischen Kern-Fragen. Heraus kamen interessante Unterschiede.
, 10. Dezember 2017 um 11:30- Keine Strafe für ungesunden Lebensstil. Nur 26 Prozent der Ärzte in Deutschland finden, dass Patienten mit kritischem Lebensstil höhere Prämien bezahlen sollten. In Frankreich ist die Quote bei 30 Prozent, also ähnlich, während die US-Mediziner viel stärker auf Selbstverantwortung pochen: Hier liegt der Ja-Stimmen-Anteil bei 60 Prozent.
- Ablehnung des Impfzwangs. Nur 28 Prozent der Befragten halten es für vertretbar, von Ärzten mit Patientenkontakt eine Grippeimpfung zu verlangen. In Frankreich liegt die Quote bei 50 Prozent (während sich bloss 37 Prozent dagegen aussprechen), und in den USA erreicht sie sogar eine satte Zweidrittels-Mehrheit (67 Prozent).
- Relative Ehrlichkeit. 45 Prozent der deutschen Ärzte – so die Befragung – würden es einem Patienten vor einem Eingriff sagen, dass sie relativ unerfahren sind. In Frankreich ist der Anteil gleich gross (46 Prozent), in Amerika leicht höher (50 Prozent).
- Pro Widerspruchsregelung bei Organspende. Das Modell, das ja auch in der Schweiz zur Debatte steht, findet unter den befragten Ärzten in Deutschland eine Mehrheit von 59 Prozent. Interessanterweise sind die Männer recht klar dafür (63 Prozent), während die Ärztinnen hier eher gespalten sind (50 Prozent Ja, 43 Prozent Nein).
- Was tun bei Missbrauchs-Verdacht? Die Umfrage stellte den Ärzten auch die Frage, ob sie je einem Verdacht auf häusliche Gewalt oder Missbrauch begegnet und dann nicht nachgegangen seien. Resultat: 16 Prozent der deutschen Ärzte haben schon einen Missbrauchsverdacht ignoriert. Die Ergebnisse seien jedoch stark vom Fachgebiet des Arztes abhängig, melden die «Medscape»-Autoren: So hatte mehr als jeder dritte Psychiater mit solch einem Fall zu tun, ohne ihn dann zu melden oder weiterzuverfolgen.
- Kulturunterschiede bei der Sterbehilfe. Recht grosse Gräben zeigen sich bei der Frage nach ärztlich assistiertem Suizid bei unheilbar Kranken. Fast die Hälfte der deutschen Mediziner spricht sich gegen Sterbehilfe aus, 33 Prozent sind dafür. Unter den französischen Ärzten ist der Pro-Anteil mit 42 Prozent schon deutlich höher. In den USA schliesslich sind 56 Prozent der Ärzte für einen legalisierten und ärztlich assistierten Suizid.
- Darf man Kunstfehler vertuschen? Nein. In Deutschland gibt es nur für jeden zehnten Arzt «Situationen, in denen es vertretbar ist, einen Fehler zu verbergen, der dem Patienten geschadet hat» (11 Prozent Ja). In Frankreich sehen das schon doppelt so viele Ärzte so (21 Prozent). Die US-Ärzte pochen am stärksten auf Transparenz und Ehrlichkeit (7 Prozent).
- Placebo: Warum nicht? Würden Sie einem Patienten, der eine Therapie einfordert, obwohl er sie nicht braucht, ein Placebo verschreiben? Diese Art der Notlüge akzeptiert rund die Hälfte der Ärzte in Deutschland (49 Prozent Ja). In Frankreich finden zwei Drittel der Befragten so ein Placebo-Rezept akzeptabel (65 Prozent).
- Sex mit Patienten: Nun ja... Jeder fünfte Mediziner in Deutschland hätte kein schlechtes Gewissen, mit einem Patienten beziehungsweise einer Patientin «eine romantische oder sexuelle Beziehung» zu beginnen. Einer von zwanzig war zur Zeit der Befragung sogar mit einem Patienten liiert. Umgekehrt formuliert: Für gut die Hälfte (54 Prozent) der deutschen Ärzte wäre solch eine Beziehung ein «No Go». Die Franzosen und insbesondere die Amerikaner haben da eine strengere Auffassung als deutsche Ärzte.
- Und mit Angehörigen? Eher offen wären die Ärzte allgemein für Liebe oder Sex mit einem Angehörigen eines Patienten. Ein Viertel beantworten die Frage mit einem eindeutigen Ja, ein weiteres Drittel kreuzte bei «kommt drauf an» an. Erneut antworteten die Amerikaner mit nur 10 Prozent Ja-Stimmen weitaus asketischer.
- Soll man Patienten offen informieren? Eine Mehrheit der Ärzte findet: Ja, man soll. Sie spricht sich dagegen aus, einem Patienten Informationen über seinen aussichtslosen Zustand vorzuenthalten. Ein Drittel der Befragten befand aber, es komme auf die Situation an.
- Gefährdete Ärzte melden? Eher nein. Nur zwei von zehn Ärzten in Deutschland würden einen Kollegen melden, der «gelegentlich» (so die Frage) durch Drogen, Alkohol oder Krankheit berufsmässig beeinträchtigt ist. Interessanterweise wäre die Anzeige-Quote bei den jungen Ärzten deutlich höher. Und es klafft ein sehr grosser Graben zu den beiden anderen Ländern, in denen die Ethik-Befragung stattfand. Sowohl in Frankreich (62 Prozent) als auch in den USA (78 Prozent) gaben deutliche Mehrheiten an, dass sie beeinträchtigte Kollegen outen würden.
- Drogentests? Eher Nein. Entsprechend befürwortet in Deutschland nur ein Viertel, dass die Ärzte stichprobenartig auf Drogen überprüft werden könnten. In den USA und Frankreich liegen die Werte mit 46 beziehungsweise 41 Prozent doppelt so hoch.
- Pharmaabhängigkeit? Wir nicht. «Könnten Sie als bezahlter Referent für Pharmafirmen auftreten oder Essenseinladungen annehmen, ohne dass dies Ihr Verschreibungsverhalten beeinflusst?» Darauf antworteten überall Zweidrittels-Mehrheiten mit einem Ja.
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