Wie die Zeitungen von Tamedia einseitig über den Fall Maisano berichten

Der «Tages-Anzeiger» wirft Medinside Mängel in der Berichterstattung über Francesco Maisano vor. Mängel, die die Zeitung selbst betreffen. Eine Replik.

, 14. August 2020 um 13:10
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Der «Tages-Anzeiger» kritisiert in diesem Beitrag (Abo) die Berichterstattung von Medinside über den beurlaubten Herzchirurgen Francesco Maisano. So gebe Medinside nicht an, von wem die Vorwürfe in der Strafanzeige gegen den «Whistleblower» stamme. In der Tat ist auch für uns noch unklar, wer die von der Staatsanwaltschaft bestätigte Strafanzeige eingereicht hat.
Generell ist als Replik anzumerken, dass die Zeitungen von Tamedia im Fall Maisano hauptsächlich selektiv Ausschnitte aus dem lückenhaften Zwischenbericht Walder-Wyss erwähnen, ohne die ausführlichen Gegendarstellungen von Maisanos Stellungnahme darzulegen. Als Reaktion auf deren Veröffentlichung titelte der Tagi prompt «Beurlaubter Klinikchef attackiert Spital, Medien und Prüfer». Statt die Stellungnahme zum Inhalt zu nehmen, soll Maisano also «attackieren». Eine Unschuldsvermutung klingt anders. Medinside hat hier einen anderen Weg eingeschlagen und hält eine Vorverurteilung für unangemessen.
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Ausriss aus dem Walder-Wyss-Bericht im «Tages-Anzeiger». Maisanos Stellungnahme und seine Argumente werden mit keinem Wort erwähnt. | Screenshot «Tages-Anzeiger»
Auch im Beitrag zu Maisanos Amtsenthebung fokussiert der «Tages-Anzeiger» erneut zudem selektiv auf die wenigen kritischen Folgerungen von Walder-Wyss, unterschlägt aber - zum wiederholten Male - die wichtigste Folgerung, dass dieser ihn von den wesentlichen Vorwürfen entlastet. Ein ausführlicher und detaillierter Bericht über Maisanos Argumente in seiner Stellungnahme wurde vom «Tages-Anzeiger» nie publiziert, obwohl diese seit über einem Monat vorliegen. Auch im jüngsten Artikel bleiben das laufende Verfahren und Maisanos Stellungnahme unerwähnt. Im Gegenteil: Die Vorverurteilung wird weiter zementiert.

Zitiert selektiv aus dem Zwischenbericht

Das laufende Verfahren wird erwähnt, wenn es belastend wirkt: «Der vorsorglich abgesetzte Klinikchef soll im Spital Daten abgeändert haben – trotz laufender Untersuchung», titelt der Tagi im Lead zur Strafanzeige. Beim selektiven Zitieren aus dem Zwischenbericht Walder-Wyss fällt diese Einordnung unter den Tisch - einzelne Folgerungen werden als abschliessendes Urteil präsentiert.
Das Aufzeigen dieser Zusammenhänge bewertet der «Tages-Anzeiger» als «positive Berichterstattung» von Medinside.

Kein Wort über das Kantonsspital St. Gallen 

Bemerkenswert ist vielmehr die «Nicht-Berichterstattung» des Tagis selbst: Am 29. Juli enthüllte das St. Galler Tagblatt, dass die obersten Verantwortlichen am Kantonsspital St. Gallen (KSSG)– die wichtigsten Zuweiser von Patienten an die USZ-Herzchirurgie – auf keinen Fall möchten, dass ihre Patienten vom «Whistleblower» operiert werden und dies bereits Maisanos Vorgänger Prof. Falk mitgeteilt hätten (bis 2014 im USZ). Sie verweigern die Zusammenarbeit mit dem Chirurgen, weil sie ihn offensichtlich für unfähig halten (mehr hier). Über diese Vorgänge war im «Tages-Anzeiger» bisher nichts zu lesen.
Es fragt sich, weshalb sich die Zeitung bis zum heutigen Tage darüber ausschweigt, während alles für Maisano Schädliche minutiös ausgebreitet wird. Weil es die Glaubwürdigkeit des «Whistleblowers», dem Urheber der Vorwürfe gegen Maisano untergräbt? Weil es somit die seit Wochen verfolgte publizistische Linie des «Tages-Anzeigers» infrage stellt?
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