Fremdblutfreie OP: Bundesgericht lässt Zeugen Jehovas abblitzen

Eine Berner Privatklinik verweigerte die Operation eines Zeugen Jehovas. Mit gutem Recht, wie das Bundesgericht jetzt entschieden hat.

, 22. März 2018 um 09:16
image
  • spital
  • recht
  • kanton bern
Der Fall sorgte im lezten Sommer für Schlagzeilen: Ein Zeuge Jehovas war von einem Berner Listenspital für eine Diskushernie-OP abgewiesen worden. Er verlangte, im Notfall auf Bluttransfusionen zu verzichten.
Der Patient und sein Anwalt reichten daraufhin Strafanzeige ein. Einer der Vorwürfe lautete: (religiöse) Diskriminierung. Der Fall gelangte schliesslich bis vor das Bundesgericht. Dieses stellt sich nun hinter die Vorinstanz, wie aus dem am Mittwoch publizierten Urteil hervorgeht.

Keine diskriminierender Behandlungsverweigerung

Die Lausanner Richter halten unter anderem fest, dass die Klinik «mit gutem Recht» nicht das Risiko eingehe, einen Patienten verbluten zu lassen. Um eine klare Linie vertreten und jeden Anschein einer Ungleichbehandlung oder Diskriminierung ausschliessen zu können, stütze sich das Spital auf eine generell-abstrakt formulierte Einverständniserklärung.
Bundesgericht: Urteil vom 7. März 2018 Nichtanhandnahme (Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung etc.); Willkür.  6B_730/2017. 
So habe der Mann ein Anrecht auf medizinische Behandlung und Respekt für seinen Glauben. Die Ärzte aber hätten ein Anrecht darauf, dass sie im Notfall ihren Patienten retten können, argumentiert das Bundesgericht weiter. Die Operation der Diskushernie sei zugleich nicht lebensnotwendig gewesen und der Mann habe dann in einer anderen Klinik operiert werden können. Deshalb sei er nicht diskriminiert worden.

Anwalt will das Urteil näher prüfen

Der Patient und sein Anwalt werden nun das Urteil näher prüfen und sich überlegen, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. «Zu meiner Überraschung hat das oberste Gericht die Beschwerde leider abgewiesen», sagt Anwalt Haykaz Zoryan zu Medinside.
Das Gericht habe nach seinem ersten Eindruck die Prüfung entscheidender Fragen nicht als notwendig angesehen. «Insbesondere ist bedenklich, dass das verfassungsmässig geschützte Selbstbestimmungsrecht des Patienten und die Therapiefreiheit des Arztes in ihrer Bedeutung erheblich entwertet wurden», so Haykaz Zoryan weiter. Seines Erachtens stelle dies eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention dar.
Mehr


Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

image

Weitere Umstrukturierung bei Hirslanden – Thomas Bührer in die Konzernleitung

Die Spitalgruppe schafft intern eine neue «Region Mittelland». Damit sollen die Versorgerregionen auch näher an der Konzernleitung sein.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.