«Die zwei grössten Krankenversicherungen mischen heimlich in umstrittenem Pflegemarkt mit»: Das schrieb die
«Sonntagszeitung» in dieser Woche. Fast zeitgleich griff auch die
«Schweiz am Wochenende» das bemerkenswerte Detail auf: CSS und Helsana sind an einer privaten Spitexfirma beteiligt, zu deren Geschäftsmodell es gehört, pflegende Angehörige zu beschäftigen. Und hier gibt es bekanntlich Fragezeichen.
«Die beiden Krankenkassen befinden sich in einem Interessenkonflikt», fasste es also Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly in der SoZ zusammen. Denn es sei die gesetzliche Pflicht der Versicherer, die auf Angehörigenpflege spezialisierten Spitex-Firmen zu kontrollieren, damit diese nicht ungerechtfertigte Pflegeleistungen abrechneten.
«Heikle Doppelrolle»
Nun doppelte SP-Ständerat und Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard im
«Blick» nach: Auch er kritisiert die «Verbandelung» von Spitex-Firmen mit den Kassen. Die Krankenkassen stünden in einer heiklen Doppelrolle. «Die Versicherer verhandeln und beschliessen die Tarife und sind auch direkt an den Renditen finanziell interessiert, welche die Spitexfirmen durch diese Tarife erzielen», so Maillard.
Das Waadtländer Polit-Schwergewicht fordert deshalb: «Die Beteiligung der Versicherer an Leistungsbringern muss verboten werden.» In der nächsten Session des Parlaments wird Maillard dazu eine Motion einreichen.
Der politische Weg ist also noch lang. Doch ein Verbot solcher Doppelrollen der Kassen könnte seinerseits langfristige Pläne dort in Frage stellen. Denn dass Kassen sich an Leistungserbringern beteiligen, ist ein vielfach denkbares Szenario. Man erinnere sich an die Santémed-Gesundheitszentren, welche die Swica führte (um sie dann 2015 an Medbase zu verkaufen). Und aktuell denke man ans Modell Kaiser Permanente: In dieser US-Gesellschaft ist eine Versicherung mit Spitälern und medizinische Zentren aller Art vereinigt. Und das Modell dient bekanntlich als Vorbild über die junge Kooperation von Visana und Swiss Medical Network im «Réseau de l’Arc» respektive im «Rete St. Anna».
CSS und Helsana gehören derzeit noch zu Curafutura. Im anderen Krankenkassenverband, der Santésuisse, seien ihm keine Kassen bekannt, die an privaten Spitex-Firmen beteiligt seien, sagt Mediensprecher Christophe Kaempf gegenüber Medinside.
Gegen Verbot
Doch Santésuisse hätte keine generellen Vorbehalte gegen solche Beteiligungen. «Es liegt in ihrer unternehmerischen Freiheit, sich entsprechend ihrer strategischen Ziele optimal aufzustellen», lautet Kaempfs Begründung.
Santésuisse wäre auch gegen ein Verbot solcher Beteiligungen, wie es Maillard vorschlägt. «Das wäre ein Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit», erklärt Kaempf.
Beispiel Réseau de l’Arc
Denn dass Kassen sich an Leistungserbringern beteiligen, könne durchaus im Interesse der Versicherten sein: nämlich dann, wenn die Krankenkassen neue Modelle anbieten, die eine bessere Kostenkontrolle ermöglichen.
Jüngstes Beispiel ist das Gesundheitsnetzwerkt Réseau de l’Arc, bei dem die Visana mit Swiss Medical Network zusammenspannt.
Private Spitex-Firmen unter Beschuss
Nicht nur die SP beurteilt die privaten Spitex-Firmen kritisch. Ein Vorstoss des Mitte-Ständerat Peter Hegglin ist direkt gegen Unternehmen gerichtet, welche pflegende Angehörige beschäftigen. Hegglin spricht von einem Wildwuchs an Spitex-Firmen, welche einen Grossteil der Entschädigungen abschöpfen würden. Der Bundesrat soll eingreifen, um fragwürdigen Margen einen Riegel zu schieben, fordert er.
Was sagen private Spitex-Firmen zu den Vorwürfen, dass sie hohe Gewinne abschöpfen würden? Gegenüber Medinside legte die
Chefin der Privat-Spitex Carela ihre Rechnungen offen und sagte: Sie würden oft kritisiert – «und zwar, weil einige Missverständnisse im Umlauf seien».