Seit Jahren kämpft die Association Spitex privée Suisse (ASPS) für gleiche lange Spiesse. Einen Teilerfolg konnte sie in der zurückliegenden Sommersession verbuchen, indem private Spitex-Organisationen von der Mehrwertsteuer befreit werden sollen, wie das auch bei privaten und öffentlichen Spitex-Organisationen der Fall ist.
Damit ist aber die Gleichstellung der privaten und öffentlichen Spitex-Organisationen laut ASPS noch nicht erfüllt. Bei der Restfinanzierung bestehen weiterhin keine einheitlichen Massstäbe. Dies zu erreichen dürfte allerdings wegen der Hoheit der Kantone schwieriger sein. Im besten Fall könnte hier die einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich (Efas) Abhilfe schaffen, sollte sie dereinst eingeführt werden.
Bischof kämpft für Steuerbefreiung
Es war vor allem der Solothurner Mitte-Ständerat Pirmin Bischof, der sich in seiner Funktion als ASPS-Präsident für die Steuerbefreiung stark machte. In der Ratsdebatte sagte er es so: «Wenn Sie heute als Patientin eine Spitex-Leistung, eine Betreuungs- und Hauswirtschaftsleistung beanspruchen, dann sind Sie steuerpflichtig, wenn Sie die Leistung von einer privaten Spitex-Organisation beziehen. Sie sind aber steuerbefreit, wenn Sie die genau gleiche Leistung am gleichen Ort von einer öffentlich-rechtlichen Spitex beziehen.»
Wobei zu präzisieren wäre, dass das Gesagte nur für Betreuungs- und Hauswirtschaftsleistungen gilt wie zum Beispiel Wohnungs- oder Hausreinigung, Zubereitung von Mahlzeiten, Einkaufen, Waschen, Bügeln, Näharbeiten, Begleitung zum Hausarzt oder zum Coiffeur, Gartenarbeiten, Bewachung des Hauses, Hüten von Haustieren.
Die Ungleichbehandlung gilt aber nicht für die eigentliche Pflege. Sie ist schon heute bei allen Spitex-Organisationen steuerbefreit.
Und ebenfalls für Verwirrung sorgt bisweilen die Unterscheidung privat versus öffentlich. Besser wäre: gewinnorientiert versus gemeinnützig. Denn gemeinnützige, nicht gewinnorientierte private Spitex-Unternehmen sind punkto Mehrwertsteuer schon heute den öffentlich-rechtlichen Spitex-Organisationen gleichgestellt.
Neue Ungerechtigkeiten
Gar keine Freude an diesem Entscheid hatte Bundesrätin Karin Keller-Suter. Sie wollte bei der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes möglichst wenig Ausnahmen zulassen. «Ich kann grundsätzlich verstehen, dass man die Grenze zwischen gewinnorientierten und gemeinnützigen Spitex-Organisationen in dieser Hinsicht eliminieren möchte», sagte die Justizministerin im Ständerat. Man würde damit aber einfach andere Abgrenzungsprobleme schaffen. «Es gibt natürlich private Spitex-Organisationen, die auch hauswirtschaftliche Leistungen erbringen, die Einkäufe machen, die Reinigungsaufgaben erfüllen. Sie würden dann in Konkurrenz zu privaten Anbietern solcher Leistungen oder Reinigungsinstituten stehen, die nicht steuerbefreit sind, sondern die Steuer entrichten müssen.»
Bericht des Bundesrats
Zu erinnern sei in diesem Zusammenhang auch an einen Bericht des Bundesrats über die rechtliche Gleichstellung der öffentlichen und privaten Spitex. Erschienen ist er im Mai 2021 in Erfüllung eines entsprechenden Postulats.
In diesem Bericht bestätigt der Bundesrat, dass bei der Erhebung der Mehrwertsteuer eine Ungleichbehandlung von gemeinnützigen und gewinnorientierten Organisationen der Krankenpflege bestehe. Die Ungleichbehandlung sei jedoch, so der Bundesrat, «vom Gesetzgeber gewollt und den Umständen entsprechend gerechtfertigt.»
Im Bericht steht zudem, dass Steuerausnahmen das System der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchssteuer durchbrechen und die Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer beeinträchtigen. Sie seien somit möglichst eng zu halten.
Weil hauswirtschaftliche Leistungen grundsätzlich auch von nichtpflegebedürftigen Personen in Anspruch genommen werden oder auch durch andere Unternehmen wie Reinigungsinstitute angeboten werden können, seien sie bei gewinnorientierten Unternehmen steuerbar. Damit bestehe in diesem Bereich Wettbewerbsneutralität.
Eine knappe Mehrheit im Parlament, das wissen wir inzwischen, ist da anderer Meinung.