Diese Leute arbeiten 100 Prozent – aber nur 4 Tage pro Woche

Das Klinikum Fürth in Deutschland testet als erstes grosses Spital die 4-Tage-Woche im OP-Betrieb.

, 17. November 2023 um 02:45
image
Anästhesie- und OP-Pflegefachleute bei einer Prostata-Operation in Fürth  |  Bild: Screenshot BR24
Eine 100-Prozent-Stelle, verteilt auf 4 Tage: Wie geht das? Mit dieser Frage muss sich auch das Gesundheitswesen zunehmend beschäftigen, denn die 4-Tage-Woche setzt sich in immer mehr Branchen als attraktive Variante durch.
In Deutschland testet nun das Klinikum Fürth als erstes Spital landesweit, wie sich 4-Tage-Wochen mit dem OP-Betrieb vereinbaren lassen.
Seit Anfang November können die Pflegekräfte dort ihre Arbeitszeit freiwillig auf 4 Tage verteilen. Die Standard-Wochenarbeit wird also nicht gesenkt – sondern an den 4 Tagen ist man jeweils 1,5 Stunden länger im Dienst. Ansonsten gibt es weiterhin einen 3-Schichten-Plan; der Dienstplan wird jeweils sechs Wochen im Voraus gemacht.
TV-Beitrag des «Bayrischen Rundfunks» über das Pilotprojekt in Fürth.
Konkret bedeutet das für die Planung: Waren vorher 11 Dienste in 14 Tagen zu besetzen, werden sind es im neuen Modell nur noch 8 bis 9 Dienste in 14 Tagen sein. Und die OP-Angestellten haben statt 3 freien Tagen in 2 Wochen nun 6 Tage in 2 Wochen frei.

Gut für die Qualität

«Das bedeutet natürlich mehr Flexibilität in der Freizeitgestaltung und eine noch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie», sagt Christoph Raspé, stellvertretender Ärztlicher Direktor des Klinikum Fürth. Obendrein erhöhe die 4-Tage-Woche auch die Patientensicherheit: «Weniger Personalwechsel und -übergaben führen zu einer besseren Versorgungsqualität.»
Ob es wirklich funktioniert? Das muss nun das Pilotprojekt zeigen. Der Versuch am Klinikum Fürth – mit rund 32'000 stationären Patienen pro Jahr etwa vergleichbar mit dem KSA oder dem Triemlispital – ist auf sechs Monate beschränkt, dann wird Bilanz gezogen.
Zur Mitteilung des Klinikum Fürth
Tatsache ist aber, dass der Druck in diese Richtung angesichts der Personalnot anhält. In Deutschland hielt soeben eine Studie fest, dass die Zahl der ausgeschriebenen 4-Tage-Stellen massiv gestiegen ist: Sie hat sich seit 2019 versechsfacht. Konkret: Wurden damals 12'900 Stellen mit 4-Tage-Möglichkeit ausgeschrieben, waren es von Januar bis September 2023 bereits 85'700 solcher Anzeigen.
Allerdings: Fast alle dieser Offerten entfielen auf Baubranche, Handwerk, technische Berufe sowie auf Tourismus und Gastgewerbe. Das Gesundheitswesen tut sich – wohl auch wegen der 3-Schicht-Situation – eher schwer damit.
  • Zukunft 38-Stunden-Woche in der Pflege? Interview mit Judith Schürmeyer, COO GZO Spital Wetzikon.
Mehr: «Merkur», «BR 24», «Focus».
  • spital
  • arbeitszeiten
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

US-Software für das USZ? Debatte um eine Beschaffung

Vor dem Entscheid über ein neues Klinikinformationssystem beim Universitätsspital Zürich schalten sich Parlamentarier ein – aus allen Richtungen und mit einem klaren Wink.

image

Gewerkschaft ist «entsetzt» über Nullrunde in Aargauer Spitälern

«Keinerlei Bereitschaft für Wertschätzung der Mitarbeitenden»: So kritisiert die VPOD die Aargauer Kantonsspitäler.

image

Keine Lohnerhöhung in Aargauer Akutspitälern

Die Angestellten der beiden Kantonsspitäler in Baden und Aarau müssen auf eine Lohnerhöhung verzichten.

image

Arzt des Spitals Muri freigesprochen

Ein Patient starb nach einer Leberbiopsie. Der Arzt habe nicht fahrlässig gehandelt, urteilte das Gericht.

image

Service-Personal zu Pflege-Personal

Die Helios-Kliniken in Deutschland haben eine neue Idee gegen den Fachkräftemangel: Sie entlassen externe Service-Angestellte. Und bieten ihnen dann eine Pflege-Ausbildung an.

image

Zollikerberg: Neuer Chefarzt und Klinikleiter Nephrologie

Robert Schorn wird per Anfang Juni 2025 Nachfolger von Jörg Bleisch.

Vom gleichen Autor

image

Viva: Organisation zur nationalen Expansion

Mit der Dachorganisation «VIVA Health Suisse» wollen Swiss Medical Network und Visana das Versorgungskonzept landesweit ausrollen. An der Spitze: Lebrecht Gerber und Esthelle Le Gallic de Kerizouët.

image

Viktor 2024: Nennen Sie uns Ihre Favoriten

Helfen Sie mit, grossartige Leistungen im Schweizer Gesundheitswesen 2024 ins Rampenlicht zu bringen – und nominieren Sie gute Projekte oder starke Persönlichkeiten für den Preis der Branche.

image

Ihre Ideen sind gefragt: Wie spart man 300 Millionen pro Jahr?

Beim ersten «Runden Tisch» des Gesundheitswesens setzten die Akteure ein Sparziel, das ab 2026 gelten soll. Dazu soll auch die Bevölkerung kreativ beitragen.