Welche Schweizer Spitäler sollen weg? — Die Antworten.

Sagen Sie uns, welche Spitäler schliessen könnten: Dies fragten wir vorletzte Woche. Es gab Kritik («unseriös»), es gab kreativen Input («Inselspital») – und erstaunlich viele ernste Vorschläge.

, 13. September 2024 um 06:54
image
Das Spital der Zukunft? | Symbolbild: Medinside (gemacht mit KI).
Die Ausgangslage: Regelmässig bemerken Experten, Politiker und Kassenvertreter, dass 50 oder 100 Spitäler in der Schweiz eigentlich reichen würden.
Dies aber bedeutet im Umkehrschluss, dass eine dreistellige Zahl an Krankenhäusern schliessen kann und soll. Aber welche genau?
An diesem Punkt verläuft die Debatte gleich wieder im Sand. Es scheint schwierig, diese «überflüssigen» Spitäler auch konkret zu machen.
Nur: Dann sind die erwähnten Reissbrett-Pläne ein rhetorisches Nebengleis, das nicht weit führt.
Um dies auszuloten, machten wir diese Umfrage: Nennen Sie doch bitte – geschätztes fachlich beschlagenes Medinside-Publikum – konkrete Namen.
Dutzende Vorschläge gingen ein, insgesamt 50 Spitäler wurden genannt – von Affoltern bis Zweisimmen. Zugleich setzte es Kritik: So eine Umfrage sei «fragwürdig und unseriös»; sie trage «weder etwas zu einer sachlichen Diskussion bei noch hat es irgendwelchen Aussagewert».

«Unschweizerisch»

Oder: «Welche Spiäler wo benötigt werden, muss im Kontext betrachtet werden.» In diesem Rahmen sei die Diskussion aber «komplett unpassend und auch den jeweiligen Angestellten gegenüber absolut respektlos.»
«Phuu, das ist aber eine unschweizerische Frage. Mutig», so auch eine Reaktion auf X/Twitter.
Und so kam auch anderer Widerspruch: «Fakt ist: Es werden Spitäler geschlossen, oft „völlig überraschend“». Was aufs Problem hindeutet, dass man die Sache offenbar gern allzu lange unterm Deckel hält – bis sie nicht mehr verdrängt werden kann.
image
Akutsomatische Spitäler in der Schweiz, Oktober 2044  |  Quelle: spitalinfo.ch
Also lieber früh genug aussprechen. In der Tat bekamen wir Dutzende ernst gemeinte und auch bedachte Vorschläge.
Die Ideen reichten bis zum Inselspital, wozu jemand befand, die Schweiz könne durchaus auf eines der fünf Unispitäler verzichten: «Besser eines weniger und dafür die anderen mit den notwendigen Ressourcen ausstatten. Sonst wird sich das Problem von selber lösen, weil kein qualifiziertes Personal mehr gefunden werden kann.»
Ansonsten wurden diese Häuser von mindestens drei Medinside-Leserinnen oder -Lesern genannt:
  • Adus Klinik Dielsdorf
  • Spital Affoltern
  • Bruderholzspital (KSBL).
  • Spital Einsiedeln
  • Spital Grabs (beziehungsweise Grabs oder Vaduz: «Eine Zusammenarbeit mit Landesspital Liechtenstein ist unausweichlich und der einzig konsequente Weg», so ein Kommentar.)
  • Spital Linth (ein Kommentar dazu: «Ein 'Dorfspital' für eine Gemeinde mit 6000 Einwohner? Kann durch Glarus (unbestritten), Männedorf (beliebt in Region Rapperswil) und Wetzikon perfekt abgedeckt werden».))
  • Spital Männedorf
  • Spital Menziken (oder, so ein Kommentar: «Würde auch dazu gehören, aber hat sich in den letzten Jahren mit Altersmedizin gut positioniert.»)
  • Kantonsspital Obwalden, Sarnen («So klein, dass es einfach keine Daseinsberechtigung mehr hat»)
  • Spital Savognin («Viel zu klein» — «Mini-Strategie' wurde sehr kreativ, aber erfolglos versucht.»)
  • Spital Schiers («Denn Chur und Davos sind nahe» — «3-4 Mio strukturelles Defizit und Spitäler Davos und Chur in unmittelbarer Nähe für 12'000 Einwohner im Prättigau? Zusammenführen mit neuem Spital Davos.»
  • Spital Thusis («nur circa 20 stationäre Patient jeweils – stationäre Betten kann KSGR Chur mit höherer Qualität bedienen in 18km Entfernung.»)
  • Kantonsspital Uri, Altdorf.
  • Spital Uster («Das Spital Uster befindet sich in unmittelbarer Nähe zu mehreren grossen Krankenhäusern, insbesondere in Zürich, Winterthur und Wetzikon.»)
  • GZO Spital Wetzikon (oft in der Variante: entweder Uster oder Wetzikon. «Unmittelbare Nähe zweiter knapp zu kleiner Häuser – ist längst klar, dass das zusammengeführt werden müsste.»
  • Spital Wolhusen («Viel zu wenig Umsatz, zu hohe Kosten»).
  • Spital Zofingen.
Und jetzt? Wir sehen hier schlicht eine Sammlung kleinerer Spitäler in mehrheitlich ländlichen Regionen mit weniger als 100 Betten; und auch diese Liste erscheint bereits sehr strittig.
Damit lässt sie definitiv ahnen, wie sehr das kategorische Ziel von bloss noch 50 bis 100 Spitälern im Land eine Reissbrett-Idee ist – unerreichbar.
Was Spitalschliessung in der Realität heisst, deutete dieser Tage Pierre Alain Schnegg an: Der (bekanntlich sehr resolute) Gesundheitsdirektor des Kantons Bern hatte letztes Jahr zwei Spitäler geschlossen, in Münsingen sowie das Tiefenau-Spital in der Stadt. «Ich kenne nicht viele andere Kantone, in denen jüngst so viele Spitäler geschlossen wurden», sagte er nun in den «Freiburger Nachrichten».
Aber mit Blick nach vorne meinte er: «Vielleicht fallen noch 1 oder 2 Standorte weg. Und es braucht sicherlich noch viel Transformation, aber wir werden die aktuellen Standorte weiter brauchen.»
That's it? Vielleicht 1 oder 2 Standorte im flächen- und bevölkerungsmässig zweitgrössten Kanton der Schweiz – dies könnte der Rahmen sein.

Wege zur neuen Spitallandschaft: Zwei Struktur-Ideen

Bei unserer Umfrage erhielten wir auch konkrete Vorschläge, mit welchen Kriterien man strukturiert einen optimale Spital-Landschaft gestalten könnte. Zwei interessante Beispiele:

Input 1: Fünf Versorgungsgebiete

Es müsste – koordiniert durch die kantonalen Gesundheitsdirektoren – eine öffentliche Gesundheitsplanung durchgeführt werden, losgelöst von kantonalen Befindlichkeiten. Sie könnte neben Vielem beinhalten:
  • Ausscheiden und Bestimmung von 5 gesundheitlichen Versorgungsgebieten. Dort:
— Zentrumsspital: USZ, UBS, Inselspital, CHUV, HUG sowie Kantonsspital St. Gallen
— Bestimmung zentrumsabhängiger Peripheriespitäler.
— Bestimmung zentrumsabhängiger Wochenkliniken.
— Bestimmung zentrumsabhängiger Ambulatorien.
  • Aufhebung der kantonalen Grenzen im Versorgungsgebiet.
  • Interkantonaler Kostenausgleich.
  • Einheitliche Tarife für Operation schweizweit unabhängig von:
— Versicherungsstatus allgemein / halbprivat / privat
— Ambulant / stationär
  • Einbezug Privatspitäler in die Planung mit den Zentrumsspitälern.
  • Bottom-up-Tarife für zusatzversicherte Patienten stationär (halbprivat + 50 Prozent; privat + 100 %)
  • Bestimmung von Fallzahlen für die Peripheriespitäler und Wochenkliniken.
  • Keine öffentlichen Subventionen mehr für die kantonseigenen Spitäler.
  • Ende von gemeinwirtschaftlichen Leistungen.
  • Somit: primär kostendeckende Grundtarife.
  • DRG mit Anbindung an die Teuerung.
  • Tardoc mit Anbindung an die Teuerung.

Input 2: Kennzahl 30/30/100

  • 30 Minuten Weg von einem Spital zum anderen
  • 30 Kilometer Abstand (Autostrasse)
  • 100'000 Einwohner in der Versorgungsregion
Anhand dieser Kennzahl könnte man auf der Landkarte die potenziell zu nahe gelegenen Spitäler ausfindig machen. Allerdings gebe es natürlich Ausnahmen, etwa im Bündnerland mit dem Centro Sanitario Valposchiavo.
  • spital
  • Spitalkrise
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Gewerkschaft ist «entsetzt» über Nullrunde in Aargauer Spitälern

«Keinerlei Bereitschaft für Wertschätzung der Mitarbeitenden»: So kritisiert die VPOD die Aargauer Kantonsspitäler.

image

Keine Lohnerhöhung in Aargauer Akutspitälern

Die Angestellten der beiden Kantonsspitäler in Baden und Aarau müssen auf eine Lohnerhöhung verzichten.

image

Arzt des Spitals Muri freigesprochen

Ein Patient starb nach einer Leberbiopsie. Der Arzt habe nicht fahrlässig gehandelt, urteilte das Gericht.

image

Service-Personal zu Pflege-Personal

Die Helios-Kliniken in Deutschland haben eine neue Idee gegen den Fachkräftemangel: Sie entlassen externe Service-Angestellte. Und bieten ihnen dann eine Pflege-Ausbildung an.

image

Zollikerberg: Neuer Chefarzt und Klinikleiter Nephrologie

Robert Schorn wird per Anfang Juni 2025 Nachfolger von Jörg Bleisch.

image

Spital Wallis: Neuer Chefarzt Psychiatrie

Michele Marchese kommt vom Sanatorium Kilchberg.

Vom gleichen Autor

image

Viva: Organisation zur nationalen Expansion

Mit der Dachorganisation «VIVA Health Suisse» wollen Swiss Medical Network und Visana das Versorgungskonzept landesweit ausrollen. An der Spitze: Lebrecht Gerber und Esthelle Le Gallic de Kerizouët.

image

Viktor 2024: Nennen Sie uns Ihre Favoriten

Helfen Sie mit, grossartige Leistungen im Schweizer Gesundheitswesen 2024 ins Rampenlicht zu bringen – und nominieren Sie gute Projekte oder starke Persönlichkeiten für den Preis der Branche.

image

Ihre Ideen sind gefragt: Wie spart man 300 Millionen pro Jahr?

Beim ersten «Runden Tisch» des Gesundheitswesens setzten die Akteure ein Sparziel, das ab 2026 gelten soll. Dazu soll auch die Bevölkerung kreativ beitragen.