Apothekerverband darf sich nicht über Santésuisse beschweren

Santésuisse darf behaupten, dass sich Apotheken mit Medikamenten-Teilpackungen «die Kassen füllen».

, 30. Oktober 2024 um 08:21
image
Mit solchen Teilpackungen von Medikamenten würden die Apotheken zu hohe Gewinne machen, kritisiert Santésuisse in ihrer Zeitschrift «Infosantésuisse». | PD
Letztes Jahr veröffentlichte «Infosantésuisse» einen Artikel mit dem Titel «Engpass bei Medikamenten füllt Kasse der Apotheker». Der ebenso provokative Untertitel lautete: «Die Teilabgabe von Medikamenten eröffnet den Apotheken eine neue Einnahmequelle. Dies zu Lasten der Prämienzahlerinnen und -zahler».
«Infosantésuisse» ist die Zeitung von Santésuisse. Im Artikel schrieb der Krankenkassenverband, dass Apotheken bei Medikamenten-Engpässen neu auch Teilmengen statt ganzer Packungen abgeben dürfen. Kritisiert wurde, dass die Apotheken mit dieser Regelung deutlich mehr verdienen würden, ohne dass die Kassen das kontrollieren könnten.
Insgesamt, so fasste eine Box neben dem Text zusammen, erhöhe sich das Einkommen der Apotheker – je nachdem ob Packungen halbiert, gedrittelt oder in vier Teile aufgeteilt werden müssten – um 13, 25 oder 32 Millionen Franken. Das sei zu viel.

Beim Presserat beschwert

Gegen diesen Artikel reichte der Apothekerverband Pharmasuisse eine Beschwerde beim Presserat ein. Denn Pharmasuisse fand, dass Santésuisse von falschen Annahmen ausgehe. Die Abgabe von Teilmengen erfordere viel Arbeit. Deshalb seien die Vorwürfe falsch.
Doch der Presserat wollte nicht über den Artikel urteilen. Denn «Infosantésuisse» sei deutlich als PR-Publikation eines Verbandes erkennbar und habe eine Ausrichtung, die nicht primär journalistisch sei, sondern mehr der PR- und Imagepflege diene. Deshalb sei der Presserat nicht zuständig.

Pharmasuisse verlangte zu viel

Zuvor versuchten sich Pharmasuisse und Santésuisse noch untereinander zu einigen. Nach einem längeren Briefwechsel habe man eine Formulierung gefunden, welche den Sachverhalt in der folgenden Ausgabe des Magazins richtiggestellt hätte, schrieb Santésuisse dem Presserat.
Eine abschliessende Einigung sei nur daran gescheitert, dass Pharmasuisse zusätzlich zur Richtigstellung auf einer ausdrücklichen Entschuldigung, einer Danksagung an die Apotheker sowie auf der Überschrift «Korrigendum» bestanden habe.
Das wollte Santésuisse dann aber nicht, weil es keinen Grund gegeben habe. Die Klarstellung habe man aber in der nächstmöglichen Ausgabe publiziert.

«Wiederholte Hetze» von Santésuisse

Auf seiner Website wehrte sich der Apothekerverband ebenfalls gegen die Berechnungen von Santésuisse. «Der Verband versteht die wiederholte Hetze, die Santésuisse über die Medien gegen einen bestimmten Leistungserbringer im Gesundheitsbereich betreibt, in keiner Weise», schrieb der Verband.
Pharmasuisse protestiere gegen die tendenziösen Medienberichte über die Teilabgabe von Medikamenten zur Bekämpfung von Lieferengpässen. «Einmal mehr sind die Berechnungen von Santésuisse von 32 Millionen Franken zusätzlicher Einnahmen für die Abgabe von einer Million Packungen völlig aus der Luft gegriffen.»
  • medikamente
  • pharmasuisse
  • Santésuisse
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Weiterer Zusammenschluss bei den Krankenkassen

Auch alle RVK-Mitglieder verbinden sich mit dem neuen Verband der Krankenversicherer. Dessen Sitz kommt nach Bern.

image
Gastbeitrag von Andri Silberschmidt

Pharma: Es braucht einen Ruck – und mehrere Kompromisse

Derzeit berät das Parlament über eine Reihe von Fragen, die für unsere Medikamentenversorgung entscheidend werden.

image

In Konstanz kriegt man mehr aktuelle Arzneimittel als in Kreuzlingen

Geht es um den Zugang zu neuen, innovativen Medikamenten, so liegt die Schweiz auf Rang 6 in Europa. Bei den Medikamenten gegen seltene Krankheiten liegt sie auf Rang 9.

image

Sanitas und Helsana gehen zu Curafutura zurück

Der Krankenkassenverband Curafutura wird wiederbelebt – zumindest vorübergehend. Zwei grosse Kassen treten wieder ein.

image

Bundesrat: Fünf Schritte gegen Medikamenten-Engpässe

Unter anderem prüft die Landesregierung befristete Import-Zulassungen, einfachere Bewilligungen oder den Verzicht auf Wirtschaftlichkeits-Prüfungen.

image
Gastbeitrag von Niklaus Meier und Katharina Blankart

Arzneimittelpreise: Das Swiss Drug Pricing Model könnte Klarheit schaffen

Ein neues Modell hilft, für neue Medikamente den angemessenen Preis zu ermitteln – und so den Verhandlungspartnern Orientierung zu bieten. Die Basis: Effizienz und Evidenz.

Vom gleichen Autor

image

Ehemaliger HUG-Chefarzt und Covid-Experte wechselt zu Privatspital

Jérôme Pugin wurde in Genf bekannt als Intensivmediziner und Symbolfigur im Kampf gegen Covid. Nun wird er medizinischer Direktor des Hôpital de La Tour.

image

Bundesrat regelt das militärische Gesundheitswesen

Bisher fehlten in der Schweiz spezielle Regeln für das militärische Gesundheitswesen. Nun will der Bundesrat diese Lücke füllen.

image

Mehr Personal und mehr Betten für Altersmedizin

Das Spital Bülach hat künftig 34 Betten und mehr Betreuungspersonal in der Altersmedizin.