Behördenvorgaben: Ärzte beklagen überflüssigen Aufwand

Mehr Arbeitszeit für Dokumentation, weniger ärztliche Arbeitszeit bei den Patienten: Dieser Trend setzte sich auch im letzten Jahr fort.

, 11. November 2024 um 08:30
image
Symbolbild: Medinside (made with Midjourney).
Auch im letzten Jahr zeigte sich das bekannte Bild: Die Arbeitszeit, welche die Ärzte in der Akutsomatik für Dokumentationsarbeiten verbringen, stieg weiter an (von durchschnittlich 114 auf 120 Minuten pro Tag). Auf der anderen Seite sank die Zeit, welche für patientennahe medizinische Tätigkeiten zur Verfügung stand (von 213 auf 202 Minuten).
Speziell deutlich war der Anstieg der Dokumentationsarbeit in Sachen Patientendossier in der Psychiatrie: Hier erhöhte sich der Durchschnitts-Aufwand von 91 auf 100 Minuten pro Tag.
All dies besagt die Ärzteumfrage, die das Forschungsinstitut Gfs.Bern im Auftrag der FMH jährlich durchführt. Für die neue Ausgabe 2024 wurde eine repräsentative Auswahl von 1'324 Ärzten aus dem Spitalbereich und 383 Medizinern aus dem praxisambulanten Bereich befragt.
Immerhin: Bei den «sonstigen administrativen Tätigkeiten» stagnierte der Wert – und stieg nicht weiter: Hier verharrte der durchschnittliche Zeitaufwand bei 36,6 Minuten pro Tag.
Und auf der anderen Seite lässt sich in der Akutsomatik feststellen, dass die Ärzte im Schnitt etwas mehr Zeit für Visiten einsetzen konnten (2023: 51 Minuten, 2024: 54 Minuten).
Das Gfs-Team befragte die Ärzte auch nach den zeitaufwändigsten Vorgaben von Behörden oder Versicherungen. Bei den ambulant tätigen Medizinern standen dabei die Arbeit mit Krankenakten und Berichten zuoberst. Bei den stationären Ärztinnen und Ärzten indes bildeten die Gesuche um Kostengutsprachen die grösste administrative Ablenkung.

Viel Zeit beanspruchen hier wie dort die Anforderungen der Dokumentation wie auch Rückfragen oder Rechtfertigungen von Begründungen. Einen weiteren wichtigen Bürokratie-Anteil in beiden Gruppen bilden zudem Anfragen oder Berichte im Zusammenhang mit der IV.
Am Ende müssen die Ärzte in der Akutsomatik durchschnittlich 32,7 Minuten pro Tag für die Erfüllung von Behörden-Vorgaben einsetzen – wobei der Wert bei den praxisambulant tätigen Ärzten mit 43,7 Minuten am höchsten ist. (Dabei handelt es sich um Durchschnittswerte, basierend auf den Schätzungen der befragten Ärzte).
Dabei empfindet eine Mehrheit der Befragten die aufgewendete Zeit für die jeweiligen Behörden-Vorgaben als eher oder eindeutig überflüssig: Bei der praxisambulant tätigen Ärzteschaft erreicht dieser ablehnende Wert 65 Prozent, in der Rehabilitation liegt er bei 67 Prozent, in der Spital-Akutsomatik bei 52 Prozent und in der Psychiatrie bei 55 Prozent.
Oder umgekehrt: Durchschnittlich 17,5 Prozent erachten die behördlichen respektive bürokratischen Anforderungen als eher oder eindeutig gerechtfertigt.

  • praxis
  • Bürokratie
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Pflegeinitiative: Wenn sich die Wirklichkeit nicht an den Plan hält

Auch im Thurgau sollte ein Bonus-Malus-System mehr Pflege-Praktika ermöglichen. Doch es fehlen die Menschen. Und jetzt bringen die Strafzahlungen Spitex- und Heim-Betriebe in Not.

image

BAB: Pflege-Berufsverband protestiert gegen Zürcher Kontroll-Pläne

Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich fordert bei Spitex und Spitälern zusätzliche Papiere – mit Millionen-Mehrkosten für die Leistungserbringer.

image

Wie die BAB-Vorschriften die Versorgung erschweren

Ambulant statt stationär? Was politisch gewollt ist, wird amtlich verhindert – dazu ein neues Beispiel aus dem Aargau.

image

Bewilligungs-Wildwuchs: Physio-Firmen bereiten Klage vor

Die kantonalen Unterschiede bei der Berufsausübungs-Bewilligung in der Physiotherapie stossen auf Unmut. Jetzt soll geklärt werden: Welche Kantone gehen zu weit?

image

Der Réseau de l'Arc reicht bald bis ins Tessin

Das neue Grundversorgungsmodell benötigt einen Wachstumsschub. Aber die Macher haben ein aktuelles Argument – die Krankenkassenprämien.

image

Nidwalden: Praxisassistenz für die Pädiatrie

Assistenzärzte des Luzerner Kantonsspitals erhalten die Möglichkeit zu sechsmonatigen Einsätzen im Nachbarkanton.

Vom gleichen Autor

image

Hirslanden sucht neuen Finanzchef

CFO Pierre-Antoine Binard verlässt die Gruppe nach sechs Jahren. Stefan Reinert und Claudio Bitzi übernehmen interimistisch.

image

Arbeitszeit-Modelle: Erfolgsmeldung aus Bülach

Wer mehr Nachtschichten leistet und flexibel einspringt, wird honoriert: Die Idee des Spitals Bülach rechnet sich offenbar – in mehrerlei Hinsicht.

image

Weniger Schlaganfälle dank dem schlauen Auto

Deutsche Wissenschaftler verwandeln das Automobil in ein Diagnose-Vehikel.