Was bedeutet das? Wie geht es weiter? Nach dem Bundesgerichtsurteil zur Randzeiten-Vergütung für Notfall- und Walk-In-Praxen meldet sich jetzt die Ärztegesellschaft des Kantons Zürich zu Wort. Und auch die AGZ zeichnet ein düsteres Bild: Der ambulante Notfalldienst im Kanton sei bedroht.
Die Versicherer sollen Verfahren zur Rückforderung von Notfall-Inkonvenienzpauschalen aussetzen, lautet deshalb ein Hauptanliegen in einem Brief, den die AGZ an die Spitzen von Tarifsuisse, der Einkaufsgemeinschaft HSK sowie der CSS gesandt hat.
Einige betroffene Walk-in-Praxen und Permanencen seien durch die Rückforderungsverfahren «existenziell gefährdet», schreiben AGZ-Präsident Tobias Burkhardt und Generalsekretär Michael Kohlbacher. Und weiter: «Wir begründen unser Ersuchen um Aussetzung der Rückforderungsverfahren aber nicht nur mit der wirtschaftlichen Bedrohung einzelner Praxen, sondern ganz allgemein mit der Gefährdung des ambulanten ärztlichen Notfalldienstes im Kanton Zürich.»
Hilferufe in den Kantonen
Wenn die Patienten künftig auf die Notfallstationen der Spitäler ausweichen müssten, würde es für die Krankenkassen am Ende teurer, so das Argument: «Erste Versicherer haben das schon erkannt und streben daher Lösungen an, wie die Managed-Care-Vereinbarung von CSS und Swica mit der Kinder-Permanence Swiss Medi Kids zeigt.»
Aber bekanntlich wollen andere Kassen nun rigoros durchgreifen und allenfalls Millionenbeträge zurückfordern.
Wie die kantonale Gesundheitsdirektoren-Konferenz
gegenüber Radio SRF bekannt gab, sind erste Kantone schon mit Anträgen um finanzielle Unterstützung von grösseren Praxen konfrontiert: «Dies deshalb, weil die Praxen teilweise die Summen nicht stemmen können, die sie den Versicherern rückerstatten müssen.» Nun würden Verhandlungslösungen zwischen den betroffenen Leistungserbringern und den Versicherern angestrebt. «Es gilt auf jeden Fall zu verhindern, dass das Bundesgerichtsurteil Versorgungsengpässe zur Folge hat», schreibt die GDK. Man werde die Entwicklung daher eng weiterverfolgen.
«Systemrelevant»
Der Brief der Zürcher Ärzte deutet an, wie umfangreich das Sample der betroffenen Praxen ist: Im Kanton Zürich gehe es um rund 600 Organisationen mit über 2500 dort tätigen Ärztinnen und Ärzten. «Diese „Institute“ respektive die in den Instituten angestellten Ärztinnen und Ärzte sind somit systemrelevant in der ambulanten ärztlichen Versorgung der Bevölkerung des Kantons Zürich, und insbesondere die in der Grundversorgung tätigen Institute decken einen wesentlichen Teil des ärztlichen Notfalldienstes ab.»
Die AGZ ersucht nun die Versicherer, auf die Rückforderung von Notfall-Inkonvenienzpauschalen und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen zu verzichten; ferner soll die Abrechnung dieser Pauschalen für die – ohnehin nur noch begrenzte – Geltungsdauer des Tarmed weiter ermöglicht werden.
Im übrigen müssten die Tarifpartner jetzt für Ansätze sorgen, die den Versorgungansprüchen ausserhalb regulärer Praxisöffnungszeiten gerecht wird und den höheren Aufwand abdeckt, der damit verbunden ist.
Das
Bundesgericht hatte im Juli geurteilt, dass eine Permanence, die regulär abends und am Wochenende geöffnet hat, nicht automatisch höhere Sätze dafür verlangen kann. Die Dringlichkeits-Inkonvenienz-Pauschale sei für Fälle geschaffen worden, wo ein Hausarzt ausserhalb seiner Praxiszeit einen kurzfristigen Sondereinsatz leisten muss, urteilte das oberste Gericht. Aber nicht für Permanence- oder Walk-In-Praxen.