Der administrative Aufwand für Pflegepersonal und Ärzteschaft wächst; rund zwei Stunden pro Tag werden inzwischen für Papierkram aufgewendet. Dabei werden Unmengen an Daten zusammengetragen die, gemeinsam mit den Informationen, die viele Menschen über sich selber sammeln – Schritte, Puls oder Schlafgewohnheiten – und den Abrechnungsdaten der Krankenkassen, zu einem immensen Datenberg heranwachsen.
Brachliegendes Potential
Diese Daten haben ein riesiges Potential, werden aber kaum genutzt. Dies liegt unter anderem daran, dass die Weiterverwendung von gesundheitsbezogenen und deshalb besonders schützenswerten Personendaten für Forschungsprojekte heute aus rechtlichen, aber auch aus strukturellen Gründen anspruchsvoll bis unmöglich ist.
Daten auf Papier bringen keinen Nutzen
Insbesondere rechtliche Hürden würden dafür sorgen, dass das immense Potential, das Realweltdaten für die Gesundheitsforschung haben, nur sehr begrenzt genutzt werden könnten. Es bestehe heute ein «Flickenteppich» von zig Gesetzen auf eidgenössischer und kantonaler Ebene. Und nicht zuletzt seien Daten über Jahre hinweg nicht digitalisiert, sondern auf Papier erfasst worden. Es fehlen, teilweise auch heute noch, vollständig digitalisierte Meldeformulare. Im schlimmsten Fall werden diese ausgedruckt, die Daten von Hand eingetragen, danach eingescannt und verschickt. Mit viel Aufwand werden so zwar Daten generiert, ausgewertet werden sie allerdings kaum. Der Nutzen ist damit gleich Null.
Fehlende Standardisierung
Das Problem sieht Rechtsanwalt Daniel Staffelbach auch darin, dass die Datenerhebung in der Schweiz nicht standardisiert ist. «Das fragmentierte Gesundheitssystem führt dazu, dass es keine zentrale Übersicht über die vielen bestehenden Datenbanken gibt», sagt er. So habe jedes Spital sein eigenes System, und die Koordination der Akteure ist zeitaufwendig. «So lange es keine Vereinheitlichung gibt, kann es nicht funktionieren. Es braucht entweder ein und denselben Informations- und Technologie (ICT)-Anbieter für alle wesentlichen Leistungserbringer oder vollständige und verbindliche Richtlinien für diese Anbieter», so Staffelbach.
Bund ist gefordert
Er sieht deshalb den Bund in der Pflicht zu handeln. «Ein kleiner zersplitterter Markt braucht einen Koordinationsmechanismus. Dieser kann nur ein Regulator wie beispielsweise der Bundesrat einnehmen, der sagt, wie es für den gesamten Markt laufen muss.» Es brauche ein einheitliches, nationales Gesetz, das alle Unklarheiten abschaffe. Dieses soll regeln, wie und für was in der Schweiz anfallende Gesundheitsdaten einheitlich erfasst sowie genutzt werden können und wie die verschiedenen Akteure Zugang zu den Daten erhalten sollen.
80 Prozent würden Daten der Forschung weitergeben
Bleibt die Frage: Wie stehen Herr und Frau Schweizer zur Weitergabe ihrer Daten? Eine Umfrage des Beratungsunternehmens
Deloitte ergab, dass zwar nur gut die Hälfte von ihnen ihre Gesundheitsdaten digital erfassen möchte, der medizinischen Forschung hingegen würden über 80 Prozent ihre Daten weitergeben.
Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten
Die Schweiz soll ein Rahmengesetz für die Sekundärnutzung von Daten erhalten. Nach dem Ständerat hat sich auch die beratende Kommission des Nationalrates hinter das Anliegen gestellt. Das neue Gesetz soll den Rahmen dafür definieren, wie all die Daten, die wir sammeln, möglichst gut genutzt werden können. Es definiert Standards, regelt den Datenschutz und klärt auch allfällige Subventionierungen. Das gilt auch für andere Bereiche, wie etwa die Landwirtschaft oder den Umweltschutz.