«Vorstossinflation» zur Sicherung der Grundversorgung

Noch ehe die in Auftrag gegebenen Berichte vorliegen, verlangt das Parlament neue Bundesgesetze.

, 19. März 2025 um 15:08
image
Bild: SIWF
Es gibt zu wenig Haus- und Kinderärztinnen für immer mehr Patienten. Deshalb lancierte der Verband Haus- und Kinderärzte Schweiz im September letzten Jahres eine Petition. Er fordert darin:
  • Mehr Medizinstudienplätze
  • Mehr Medizinstudentinnen für die Haus- und Kindermedizin
  • Mehr Praxisassistenzstellen
  • Ein Impulsprogramm Hausarztmedizin
Diese Anliegen fanden auch im Parlament Gehör. Wie der Nationalrat in der Herbstsession 2024 stimmte nun auch der Ständerat einer Motion von Baptiste Hurni zu - und zwar mit 31 zu 13 Stimmen.

Mehr Ausbildungen

Die Motion beauftragt den Bundesrat, Massnahmen zur Deckung des steigenden Bedarfs an Hausärztinnen und Hausärzten zu erarbeiten und gesetzliche Regelungen vorzuschlagen. Damit soll sichergestellt werden, dass in der Schweiz ausreichend medizinische Fachkräfte ausgebildet werden.
Das hört sich als «Déjà vue» an. Mitte Mai 2024 stimmte das Schweizer Volk einem Gegenentwurf zur Initiative «Ja zur Hausarztmedizin» zu - und dies mit 88 Prozent der Stimmen. Dies führte zur Einführung des neuen Artikels 118b in der Bundesverfassung.

Mehr Absolventen

Als Folge davon hatte der Bund zwischen 2017 und 2020 rund 100 Millionen Franken für Projekte im Rahmen eines Sonderprogramms bereitgestellt.
Dank dieses Programms stieg die Zahl der Absolventen von 935 im Jahr 2016 auf 1284 im Jahr 2023. Im laufenden Jahr sollte die Marke von 1300 überschritten werden.

Noch mehr ausländische Diplome

Wie aber Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot im Ständerat feststellte, ist gleichzeitig die Anzahl der ausländischen Diplome, die von der Medizinalberufekommission (MEBEKO) anerkannt wurden, im selben Zeitraum von 2948 im Jahr 2016 auf 3363 im Jahr 2023 gestiegen.
image
Isabelle Chassot: «Für jedes Diplom und für jeden Studenten, den wir in unserem Land ausbilden, erkennen wir fast 2,5 ausländische Diplome an.»
«Einfach ausgedrückt: Für jedes Diplom und für jeden Studenten, den wir in unserem Land ausbilden, erkennen wir fast 2,5 ausländische Diplome an – das ist die Realität.»
Mit der Motion fordert die Freiburgerin «ein entschlossenes Handeln aller Akteure in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich, aber vor allem – und das erscheint mir notwendig – auf koordinierte und abgestimmte Weise.»
Allerdings laufen bereits mehrere Initiativen in diese Richtung.
«Es laufen auf drei Pisten bereits entsprechende Anstrengungen, und heute Morgen haben Sie tariflich noch eine vierte Piste eröffnet», sagte der Freisinnige Zuger-Ständerat Matthias Michel, der die Motion ablehnt und daher in der Minderheit ist.
image
Matthias Michel: «Eine solche Vorstossinflation ist weder wirksam noch zweckmässig»
Mit der vierten Piste meinte Michel die Motion Nicolet. Danach soll künftig der Bundesrat den Einzelleistungstarif für Hausärztinnen und Hausärzte festlegen und nicht die Tarifpartner. Medinside berichtete darüber.

«Vorstossinflation»

«Eine solche Vorstossinflation ist weder wirksam noch zweckmässig», sagte Ständerat Michel. Man solle zunächst die Berichte abwarten, ehe neue Gesetze gefordert würden.
«Es wäre mir neu, gerade in diesem Rat, dass wir Berichte verlangen, und bevor diese vorliegen, wüssten wir schon, was zu tun wäre», monierte Michel. «Dann müssen wir keine Postulatsberichte mehr verlangen, dann können wir gleich Massnahmen ergreifen, ohne zu wissen, ob sie sinnvoll sind oder nicht.»
Artikel teilen
  • Share
  • Tweet
  • Linkedin
  • Whatsapp
  • Telegram
Kommentar

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Was ist Ihr Beruf?

Wo arbeiten Sie?*

undefined
undefined

*Diese Angaben sind freiwillig. Sie bleiben im Übrigen anonym.
Warum bitten wir Sie darum? Medinside bietet Ihnen die Informationen und Beiträge kostenlos. Das bedeutet, dass wir auf Werbung angewiesen sind. Umgekehrt bedeutet es idealerweise auch, dass Ihnen auf Medinside möglichst nur Werbung gezeigt wird, die zu Ihnen passt und die Sie interessant finden könnten.
Wenn wir durch solche Erhebungen Angaben über das allgemeine Profil des Medinside-Publikums gewinnen, nützt dies allen: Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, uns und unseren Kunden. Vielen Dank!


Mehr zum Thema

image

Fachärztemangel: Wallis will Hürden für ausländische Mediziner senken

Während Städte eine hohe Ärztedichte haben, fehlen Fachkräfte in ländlichen Regionen. Eine Standesinitiative soll das ändern. Die Erfolgschancen sind gering.

image

Zug verliert seinen beliebten Gesundheitsdirektor an Bern

Gesundheitsdirektoren haben in den Kantonen oft einen schweren Stand. Nicht so der Zuger Martin Pfister. Doch nun geht er in den Bundesrat.

image

Koordinierte Versorgung: Netzwerke sind vom Tisch

Der Ständerat beriet über das Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Er plädierte nun ebenfalls für Mengenrabatte bei umsatzstarken Medikamenten.

image

Spital Zofingen: Bundesrat findet Verkauf unproblematisch

SP-Nationalrat Cédric Wermuth warnte vor einer schleichenden Privatisierung der Grundversorgung – der Bundesrat sieht in der Übernahme des Spitals Zofingen durch SMN kein Problem.

image

BAG muss elf Millionen Franken sparen und 20 Stellen streichen

Das Bundesamt kürzt bei der Kinderarzneimittel-Datenbank, bei der Prävention und beim Strahlenschutz.

image

Kanton Bern hat neuen Leiter des Gesundheitsamtes

Der Regierungsrat des Kantons Bern hat Philipp Banz zum Nachfolger von Fritz Nyffenegger an der Spitze des Gesundheitsamtes ernannt.

Vom gleichen Autor

image

Der Ständerat will die Hausarztmedizin stärken

Eine Motion zur Stärkung der Hausarztmedizin hat im Parlament eine Mehrheit gefunden. Ob sie im Wortlaut umgesetzt wird, bleibt fraglich.

image

So will ein Landwirt die Tarifpartner entmachten

Die Hausärzte und Hausärztinnen sollen per Gesetzesänderung besser gestellt werden, verlangt eine Motion: Die Tarifpartner seien dazu nicht in der Lage.

image

Auch der Nationalrat will den Vertragszwang lockern

Die Gesundheitsministerin warnt, doch das Parlament setzt ein klares Zeichen: Die Zulassungspraxis soll sich ändern.