Während der Covid-19-Krise wurde mithilfe von Abwasserproben ein Monitoring der Krankheitserreger angewendet. Die nationalrätliche Gesundheitskommission möchte dieses Instrument nun als Frühwarnsystem institutionalisieren. Denn es sei nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Pandemie ausbreche. Mit einem Monitoring könnte Leben gerettet – und Folgekosten für die Wirtschaft vermieden werden.
Konkret soll die Untersuchung des Abwassers ausgeweitet werden, um übertragbare Krankheiten frühzeitig zu erkennen und zu überwachen sowie die Abwasserproben regelmässig zu sequenzieren. Bereits in mehreren Ländern werde das Abwasser nicht nur auf das Sars-Cov-2, sondern auch auf andere Krankheitserreger wie Polio-, Grippe- oder Affenpockenviren untersucht, steht im Postulat der Gesundheitskommission zu lesen.
Bessere Entscheide durch Beobachtung in Echtzeit
In Krisen könnte mit dem Abwasser-Monitoring so die Entwicklung der epidemiologischen Lage «zeitnah, anonym und von klinischen Tests unabhängig» verfolgt werden. Die Beobachtung der Ausbreitung und Veränderungen von Krankheitserregern in Echtzeit würde zudem zu besseren Entscheidungsgrundlagen führen. Mit 20 bis 30 Abwasser-Reinigungsanlagen könnte bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung abgedeckt werden.
Aber auch ausserhalb von Krisen hätte das geplante Monitoring einen konkreten Nutzen: Die Gesundheitskommission nennt beispielsweise die Überwachung von Antibiotika-Resistenzen oder chemischen Verunreinigungen. Und die daraus gewonnen Informationen könnten zur Innovationsfähigkeit der Schweiz beitragen und damit den Forschungs- und Wirtschaftsstandort stärken. Als wissenschaftliche Grundlage für die Ausdehnung der Abwasserbeobachtung könnte das laufende Forschungsprojekt des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) «Wastewater-based Infectious Disease Surveillance» dienen.
Bundesrat dafür – Kommissions-Minderheit dagegen
Der Bundesrat hat nun beantragt, das Postulat anzunehmen. Dies geht aus einer vor kurzem veröffentlichten Stellungnahme hervor. Das Gremium ist bereit, im Rahmen der laufenden Revision des Epidemiengesetzes die gesetzlichen Grundlagen im Bereich der epidemiologischen Überwachung vertieft zu prüfen. Dies betreffe auch das Abwassermonitoring und die Sequenzierung der Krankheitserreger. Ebenfalls werde geprüft, ob ein Abwasser-Monitoring auch in Bezug auf andere Erreger übertragbarer Krankheiten oder auch von Antibiotika-Resistenzen ein geeignetes Instrument sein könnte.
Das Postulat wurde aber nicht einstimmig von der nationalrätlichen Kommission eingereicht. Denn nicht alle Mitglieder halten die Ausweitung der Untersuchung des Abwassers in dieser Form für eine gute Idee. Thomas de Courten, Präsidentin Céline Amaudruz, Martina Bircher, Marcel Dobler, Andreas Glarner, Therese Schläpfer und damals noch Albert Rösti beantragten, das Postulat abzulehnen. Nun muss der Nationalrat in der nächsten Session darüber befinden.