Braucht es ein Bundesgesetz über die Gesundheit?

Ja, findet die Akademie der Medizinischen Wissenschaften – und formuliert gleich einen Vorschlag: So sähen ihre Paragraphen aus.

, 24. Mai 2024 um 12:03
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Bild: Noah Dustin von Weissenfluh on Unsplash
Wir benötigen ein neues Verständnis von Gesundheit und eine wirksame Steuerung des Systems: Dies ein Befund der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW). Und deshalb schlägt sie einen Verfassungsartikel und ein Bundesgesetz zum Thema vor.
Heute sei das Gesundheitswesen durch viele kantonale Kompetenzen geprägt – was eine nationale Gesundheitspolitik erschwert. Dabei, so die Gesellschaft, verlangen gewisse Herausforderungen nationale Lösungen. Als Beispiel nennt die SAMW den Fachkräftemangel oder die Digitalisierung des Gesundheitssystems.
  • Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften: Projekt Bundesgesetz über die Gesundheit, Mai 2024.
Zudem müsse Gesundheit als ganzheitliches Konzept verstanden werden – «One Health» an der Schnittstelle von Mensch, Tier und Umwelt. Unterm Stichwort Gesundheit müssten viele Bereiche vernetzt werden, ob Luft- und Wasserqualität, Biodiversität oder Lärmschutz.
«Der Föderalismus ist Teil der DNA der Schweiz und das soll auch so bleiben», konzediert die SAMW. Ein Bundesgesetz über die Gesundheit solle die Kompetenz der Kantone nicht beschneiden, sondern vielmehr klären.

Gerecht, nachhaltig, effizient

Denn im Gesundheitsbereich schaffe der Kantönligeist eben auch diverse Nachteile: «Wenn die gleichen Probleme von 26 Kantonsverwaltungen behandelt und auf 26 verschiedene Weisen gelöst werden, schadet dies einer wirksamen Kontrolle, verhindert Einsparungen dank Grösse, kann zu Ungleichbehandlungen der Bevölkerung in den verschiedenen Regionen führen etc.»
Nachdem sie zwei wissenschaftliche Arbeiten zum Thema erstellen liess, präsentierte die SAMZ nun einen Vorschlag, wie der Verfassungsartikel formuliert sein könnte. Nämlich so:
Art. 116a Gesundheitspolitik
  1. Bund und Kantone anerkennen die wechselseitige Abhängigkeit der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt und verpflichten sich, im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen die Gesundheit auf Basis eines integrierten Ansatzes zu fördern.
  2. Der Bund legt die Grundsätze der Gesundheitspolitik fest und koordiniert die Bemühungen der Kantone. Ziel ist es, die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern, um einen hohen Gesundheitsschutz für alle zu gewährleisten.
  3. Der Bund fördert ein gerechtes, nachhaltiges und effizientes Gesundheitssystem. Er regelt das Sammeln und die Nutzung von Daten zur Steuerung des Gesundheitssystems.
So ein Text, einmal angenommen, könnte helfen, so verschiedenartige Aufgaben wie Grundversorgung, Arbeitsbedingungen für Gesundheitsfachleute, Tarifgestaltung oder die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in einen übergeordneten Rahmen einzubetten.
Mit dem Input will die SAMW die Diskussion anregen, insbesondere in den Parteien: «Denn für die Umsetzung dieser Vorschläge braucht es politische Vorstösse», spielt die Akademie den Ball weiter.
In einer ersten Reaktion äussert sich der Spitalverband Hplus positiv: «Der Föderalismus stösst in der Gesundheitspolitik an seine Grenzen», sagt H+ Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer: «Mit einem nationalen Gesetz erhält die Gesundheit die nötige Wichtigkeit – und es wird die Möglichkeit geschaffen, gemeinsam kompromissfähige Lösungen für ein hochstehendes Gesundheitswesen der Zukunft zu finden. Dazu gehört auch eine transparente und sachgerechte Finanzierung der Tätigkeiten, die nicht durch das KVG abgedeckt sind.»
  • politik
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