Ein Arzt wirbt für sein Restaurant - das ist erlaubt

Ein Hautarzt betreibt ein Restaurant und macht Werbung dafür. In der Schweiz darf er das – solange sich niemand darüber beschwert.

, 17. Mai 2023 um 10:52
image
Hautärztinnen dürfen für mehr werben als nur ihre Dienstleistungen: Auch für Kosmetik - oder für ein Restaurant. | Symbolbild: Freepik Wavebreakmedia micro
Ein in Deutschland bekannter Schönheitschirurg machte Geschäfte mit einer eigenen Pfleglinie und einem Beauty-Gerät. Es wurde ihm verboten. Dieser Artikel auf Medinside sorgte für Reaktionen.

Sie dürfen

Auch in der Schweiz gibt es Praxen und Ärzte, die für Kosmetik oder in einem Fall sogar für ein Restaurant werben. Dürfen sie das? Medinside hat nachgeforscht und kommt zum Fazit: Ja, sie dürfen – zumindest solange sich niemand darüber beklagt.
Ein Beispiel: Der Dermatologe Felix J. Bertram wirbt auf seiner Skinmed-Website gleichzeitig für seine Praxen, für seine Kosmetiklinie – und sogar für sein Restaurant.

Das «Haut-Restaurant»

Er macht dies zwar nur mit einem Link. Doch von einer sauberen Trennung kann keine Rede sein: Die Kosmetiklinie heisst «Skinmed Doctors», trägt also den Namen der Praxiskette. Und auch der Name des Restaurants ist Praxiswerbung. Es heisst «Skin's – the Restaurant».
Die Verbindung zur Arztpraxis ist offensichtlich. In der Öffentlichkeit entsteht sogar der Eindruck, dessen Küche werde ärztlich empfohlen.

Gäste wie Patienten?

Denn Bertram darf in der «Aargauer Zeitung» schreiben: «Auch gutes Essen trägt dazu bei, dass wir uns in unserer Haut wohlfühlen.» In der Küche seines Restaurants entstehe «ein visuelles und gustatorisches Pendent zu unserer täglichen Arbeit am Patienten, wo ebenfalls Präzision und Qualität eine entscheidende Rolle spielen.»
In der Schweiz beurteilen die kantonalen Ärztegesellschaften, welche Werbung für einen Arzt zulässig ist. Dies allerdings nur, wenn sich jemand beschwert. Beim Aargauer Ärzteverband (AAV) ist bisher noch keine Anzeige gegen Bertram eingegangen. Der Verband gedenke deshalb auch nicht, ein Verfahren einzuleiten, heisst es auf Anfrage von Medinside.

In der Schweiz ausgeblendet

Doch auch wenn sich jemand über Bertrams Vorgehen beim Aargauer Ärzteverband beschweren würde, könnte es gut sein, dass das folgenlos bleibt.
Denn die geltenden Werbebeschränkungen sind vor allem darauf ausgerichtet, dass Ärzte und Ärztinnen für sich und ihre ärztlichen Dienstleistungen werben. Dass sie auch für nicht-medizinische Produkte und Dienstleistungen werben könnten, wird in der Schweiz derzeit noch ausgeblendet.

image
Im Angebot der Hautarzt-Klinik Auch ein Restaurant und eine Kosmetiklinie. | Bearbeitung: em

Vertrauen könnte untergraben werden

Anders in Deutschland: Dort soll verhindert werden, dass Ärzte ihre Autorität ausnutzen, um den Absatz von Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Ärzte müssen die Werbung für ihre ärztliche Tätigkeit klar von allfälliger Werbung für eine gewerbliche Tätigkeit trennen.
Sonst könnte der Eindruck entstehen, dass die Gesundheitsinteressen der Patienten für den Arzt nur zweitrangig sind; was letztlich das Vertrauen in den Arztberuf untergraben könnte.

Vorstoss nützte nichts

Der damalige Zürcher SP-Nationalrat Thomas Hardegger forderte vor zehn Jahren vom Bundesrat, dass er «die immer häufigere, aggressivere und durchsichtigere Werbung für medizinische Eingriffe und Behandlungen» verbieten soll.
Hardegger kritisierte, dass das Werbeverbot unter dem Deckmantel von «Informationsveranstaltungen» umgangen werde. Ein Dorn im Auge waren ihm unter anderem Fernsehsendungen: «Im Beisein eines Patienten und eines Spezialisten als Fachmann, wird in Gesprächsrunden unverblümt und direkt für ausgewählte Behandlungen und Produkte geworben.»
Bei solcher Werbung gehe es um wirtschaftliche Vorteile und nicht um den besten Nutzen für die Patienten. Sie fördere die Überversorgung und verteure das Gesundheitswesen, bemängelte Hardegger.
Sein Vorstoss fruchtete allerdings nichts. Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments fanden, die geltenden Bestimmungen würden genügen.

  • ärzte
  • werbung
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

In Deutschland droht der nächste Ärzte-Streik

60'000 Spitalärzte prüfen den Ausstand. Womit die Streikwelle in Europas Gesundheitswesen bald den nächsten Höhepunkt erreichen könnte.

image

Einstimmig: Zürich soll Medizin-Studienplätze massiv ausbauen

Der Kantonsrat beauftragt die Regierung, zu berechnen, wie 500 zusätzliche Plätze geschaffen werden könnten.

image

Kein Geld und keine Zusammenarbeit mehr mit Tabakindustrie

Deutsche Ärzte wollen sich nicht mehr von Tabakherstellern beeinflussen lassen. Sie haben deshalb einen neuen Kodex vereinbart.

image

Britischer Arzt wollte mit falscher Covid-Impfung morden

Ein Arzt ist zu mehr als 31 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er wollte den Partner seiner Mutter mit einer Gift-Injektion umbringen.

image

Bilden Sie sich mit aktuellem Wissen in der Suizidprävention weiter

Ziel des neuen CAS Suizidprävention am Departement Gesundheit der ZHAW ist es, Suizidgedanken frühzeitig zu erkennen und Interventionen einzuleiten. Teilnehmende lernen dies in interprofessioneller Weiterbildung mit Fachpersonen aus Gesundheits-, Bildungs- und Sozialberufen.

image

Ehemaliger HUG-Chefarzt und Covid-Experte wechselt zu Privatspital

Jérôme Pugin wurde in Genf bekannt als Intensivmediziner und Symbolfigur im Kampf gegen Covid. Nun wird er medizinischer Direktor des Hôpital de La Tour.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.