Die Versandhandels-Apotheke Zur Rose hat beschlossen, ihre Aktivitäten voll auf Deutschland und einige weitere Märkte in Europa zu fokussieren. Gleichzeitig verkauft sie das Geschäft in der Schweiz, das 20220 einen Umsatz von knapp 687 Millionen Franken erwirtschaftete.
Die Käuferin ist die Migros-Tochter Medbase, wie die Zur Rose-Gruppe am Freitagmorgen mitteilt. Bereits am Vorabend hat die Finanzmarkt-Plattform «The Market» berichtet, dass die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss stehen sollen. Der Deal war offenbar ein Traktandum an der Sitzung der Migros-Verwaltung vom Donnerstag.
Auf einen Schlag schuldenfrei
Durch die Transaktion fliessen der E-Commerce-Apotheke gemäss Mitteilung 360 Millionen Franken zu. Damit sind die Finanzprobleme und die
immer wieder in Frage gestellte Refinanzierung der Versandapotheke mit Sitz in Frauenfeld nun gelöst.
Der Käufer, der Gesundheitsdienstleister Medbase, übernimmt alle Mitarbeitenden und verstärkt mit dem Zukauf sein Standbein im schweizerischen Gesundheitsmarkt deutlich. Die beiden Unternehmen kooperieren bereits im Rahmen eines Joint Venture für die Shop-in-Shop-Apotheken und betreiben gemeinsam einen Online-Marktplatz. Medbase gilt inzwischen als grösster Betreiber von Hausarztpraxen in der Schweiz.
Medbase: Kein Jahr ohne Deal
Der Kauf deutet an, dass die Gesundheits-Expansion der Migros fortgesetzt wird. Und Medbase erweist sich mit dem Schritt in den digitalen Medikamentenhandel erneut als Turbo-Käuferin und Aufrührerin im Schweizer Gesundheitsmarkt. Für Medbase bringe Zur Rose Schweiz in der Medikamentenversorgung eine grosse Technologie- und Prozesskompetenz mit, heisst es.
2001 als Physiotherapiepraxis in Winterthur gestartet, kam die damalige Grundversorgungs-Gruppe ab 2010 unter die Fittiche der Migros; zu diesem Zeitpunkt hatte sie zehn Standorte mit 150 Angestellten. Ab 2015 übernahm Medbase schrittweise es die Santémed-Gesundheitszentren von Swica. 2017 folgte die Fit im Job AG (betriebliche Gesundheitsversorgung), im gleichen Jahr startete eine Kooperation mit der Spitalgruppe STS im Berner Oberland. Neben weiteren kleineren Akquisitionen zu nennen wäre der Kauf von Topwell, der ältesten Apotheken-Kette der Schweiz mit 43 Filialen im November 2018; dann die Ausbreitung in die Dentalmedizin durch die Übernahme von Zahnarztzentrum.ch 2020; die Übernahme diverser Praxiszentren von Hirslanden im Jahr 2020; oder zuletzt die Einverleibung von
vier Medix-Toujours-Praxen in Basel im letzten Oktober.Zur Rose-Gruppe legt Fokus auf Wachstum
Die Zur Rose Group auf der anderen Seite schreibt seit Jahren Verluste und musste im vergangenen Jahr mit Ausnahme im Schweizer Geschäft einen Umsatzverlust hinnehmen. Das spüren auch die Aktionäre: Die Papiere der Versandapotheke haben vom Höchstwert mehr als 95 Prozent verloren, das meiste davon im vergangenen Jahr. Der Grund waren wiederholte Verzögerungen in der Einführung des elektronischen Rezeptes in Deutschland, dem wichtigsten Markt von Zur Rose.
Der Online-Medikamentenhändler will nach dem Verkauf der operativen Einheiten in der Schweiz unter anderem die Position im 50-Milliarden-Euro-Medikamentenmarkt Deutschland und in weiteren europäischen Ländern stärken. Dies gilt insbesondere für das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten, das mit dem Rollout des elektronischen Rezepts in Deutschland ein enormes Potenzial entfaltet. Der Fokus liege nun auf profitablem Wachstum, heisst es.