Nach der Kirschblüten-Affäre: Der neue Arzt in Münsingen

Der Chefarzt wurde entlassen, nun installiert das Psychiatriezentrum Münsingen in der Klinik für Depression und Angst eine doppelte Leitung.

, 12. Oktober 2022 um 06:38
image
Malte Christian Claussen (41) ist der neue Chefarzt der Klinik für Depression und Angst am Psychiatriezentrum Münsingen. | zvg
Das Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) versucht einen Neuanfang: Ab Dezember erhält die Klinik für Depression und Angst (KDA) eine neue doppelte Leitung. Malte Christian Claussen (41) wird Chefarzt und Daniel Zwahlen (54) der Leiter Pflege.

Sektenmitglieder angestellt

Der Wahl sind turbulente Zeiten vorausgegangen: Der frühere Chefarzt und Klinikleiter Thomas Reisch (58) hatte an der Klinik drei Mitglieder der Solothurner Kirschblütengemeinschaft angestellt. Die Kirschblütler propagieren die Psychotherapie mit Drogen, die Bigamie und verteidigen den Inzest. Ausserdem hatte Thomas Reisch eine private Beziehung zu einem Mitglied der Gemeinschaft.
Obwohl die Klinik an Reisch festhielt, weil sie angeblich von den Anstellungen wusste und es nie zu Fehlverhalten gekommen sei, gab der umstrittene Chefarzt vor sieben Monaten vorübergehend seine Funktionen auf. Die Klinik wollte seine Rolle in der Kirschblüten-Angelegenheit untersuchen lassen. Damals betonte der Verwaltungsrat noch, dass das PZM «voll hinter Thomas Reisch» stehe und ihn keineswegs entlassen wolle.

Butzke und Mattmann leiteten vorübergehend

Im Juni lagen dann die Ergebnisse der Untersuchung vor. Die Experten konnten keine strafrechtlich relevanten Verfehlungen im PZM feststellen. Trotzdem entliess das PZM Thomas Reisch. Seither leiteten vorübergehend Ingo Butzke, Chefarzt der Klinik für Psychose und Abhängigkeit, und Philipp Mattmann, Direktor Pflege und Bildung, die Klinik für Depression und Angst gemeinsam.

Der neue Chefarzt war Spezialist für Leistungssportler

Malte Christian Claussen stammt ursprünglich aus Schleswig-Holstein und ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Facharzt für Neurologie. 2012 zog er in die Schweiz. Er war mehrere Jahre an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsspitals Zürich und an der Schweizerischen Epilepsie-Klinik in Zürich tätig.
Seit 2016 arbeitet Malte Claussen als Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, seit 2019 als Leitender Arzt Sportpsychiatrie und -psychotherapie an der Privatklinik Wyss und seit 2020 in gleicher Funktion bei den Psychiatrischen Diensten Graubünden.
Claussen ist auf sportpsychiatrisch-psychotherapeutische Angebote für Leistungssportler spezialisiert. Mit seinem Stellenantritt am PZM wird Malte Claussen seine Tätigkeit im Bereich der Sportpsychiatrie und -psychotherapie allerdings aufgeben und sich auf die Aufgaben in der Klinik für Depression und Angst konzentrieren. Er bleibt aber weiterhin an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich tätig. Claussen lebt derzeit mit seiner Frau und seinem Sohn in Kilchberg ZH.

Daniel Zwahlen kommt von der Spitex Aare-Gürbetal

Daniel Zwahlen, der neue Leiter Pflege der Klinik für Depression und Angst, leitete bisher das Betriebsmanagement bei der Spitex Aare-Gürbetal. Davor arbeitete er als Stationsleiter und stellvertretender Pflegedienstleiter in der Klinik für Pneumologie und Thoraxchirurgie sowie als Experte Pflege und stellvertretender Stationsleiter in der Klinik für allgemeine innere Medizin des Inselspitals Bern.
Daniel Zwahlen ist ausgebildeter Koch und diplomierter Pflegefachmann HF, ausserdem hat er einen Master-Abschluss in Management im Sozial- und Gesundheitsbereich. Zwahlen lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Münsingen.

  • ärzte
  • psychiatrie
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Ein «Curriculum» für junge Hausärztinnen und Hausärzte

Das Spital Bülach hat eine Lösung gegen den Hausärztemangel: Es bildet Ärzte und Ärztinnen speziell fürs Zürcher Unterland aus.

image

Neuer Präsident der Gesellschaft für Dysphagie

Bartosz Bujan von der Klinik Lengg wird Nachfolger von Jörg E. Bohlender

image

Darum ist der Kanton Uri für junge Ärzte interessant

Lange war Uri bei der Ärztedichte das Schlusslicht. Heute zieht es immer mehr junge Ärzte in den Innerschweizer Kanton - dank verschiedenen Förderinitiativen.

image

In Deutschland droht der nächste Ärzte-Streik

60'000 Spitalärzte prüfen den Ausstand. Womit die Streikwelle in Europas Gesundheitswesen bald den nächsten Höhepunkt erreichen könnte.

image

Einstimmig: Zürich soll Medizin-Studienplätze massiv ausbauen

Der Kantonsrat beauftragt die Regierung, zu berechnen, wie 500 zusätzliche Plätze geschaffen werden könnten.

image

Kein Geld und keine Zusammenarbeit mehr mit Tabakindustrie

Deutsche Ärzte wollen sich nicht mehr von Tabakherstellern beeinflussen lassen. Sie haben deshalb einen neuen Kodex vereinbart.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.