Wer wissen will, was in der Schweizer Gesundheitspolitik harzt, findet ein Musterbeispiel unterm Thema «Monismus». Seit zehn Jahren reichen diverse Volksvertreter diverse parlamentarische Vorstösse ein, welche dafür sorgen sollen, dass ambulante und stationäre Eingriffe gleich finanziert werden. Die Initiativen kommen mal von links
(Bea Heim, 2016) mal aus der Mitte
(Philippe Staehelin, 2011 — Ruth Humbel, 2013), mal eher von rechts
(Erika Forster, 2007), aber egal: Sie versacken im schweizerischen Politikbetrieb.
SBV, FMCH, FMH
Jetzt wird es offenbar den Ärzten zu bunt. Wie «Ostschweiz am Sonntag» und
«Luzerner Zeitung» erfuhren, planen diverse Mediziner-Organisationen notfalls eine Volksinitiative zur Abschaffung der sonderbaren Lösung, dass die Kantone 55 Prozent der Kosten eines Spitalaufenthalts bezahlen, aber nichts bei einem ambulanten Eingriff. Als treibende Kraft taucht dabei die
Schweizerische Belegärzte-Vereinigung auf: «Es muss etwas geschehen», lässt sich deren Sekretär Florian Wanner zitieren: «Wenn die politischen Vorstösse zur einheitlichen Finanzierung nicht erfolgreich sind, dann lancieren wir die Initiative.»
Stellung nimmt auch Josef E. Brandenberg, der FMCH-Präsident: Auch der Verband der Chirurgen könnte sich hinter solch eine Initiative stellen. Und FMH-Präsident Jürg Schlup sagt in der LZ: «Eine solche Initiative würde die FMH unterstützen.»
Anstoss: Tarmed-Eingriff bringt nichts
Den Ausschlag zum Projekt gegeben hätten der jüngste Prämienanstieg sowie der Tarmed-Eingriff des Bundesrats, erklärt SBV-Vertreter Florian Wanner. Die Einsparungen durch die Tarifänderungen seien klein, aber hätten dennoch unerwünschte Folgen.
Starke Bremser der Angleichung sind die Kantone. Ihre Sorge: Ihre Aufwendungen könnten steigen, während zugleich ihr Einfluss sinken dürfte.
Ihr Argument: Die Vereinheitlichung würde nur dafür sorgen, dass Kosten hin- und hergeschoben werden – aber unterm Strich gäbe es kaum Ersparnisse. So hätten die Versicherer nach einem Systemwechsel wenig Anreiz, nun (teurere) Hospitalisationen zu verhindern. Obendrein sei ihr Einfluss bei dieser Frage ohnehin nicht so stark– verglichen mit jener von Arzt und Patient. Kurz: Im entscheidenden Punkt habe das Finanzierungsmodell wenig Einfluss.
Initiativ-Drohung als Denk-Hilfe
Die Kantone gehen das Problem bekanntlich an, indem sie zunehmend via Operationslisten festlegen, welche Eingriffe künftig zwingend ambulant erfolgen sollten; ein Vorgehen, das bei den Ärzten wiederum schlecht ankommt. Allerdings
signalisierte die GDK unlängst, dass sie zumindest gesprächs- und kompromissbereit sei. Die Initiative der Ärzte könnte hier vielleicht diese Bereitschaft ein bisschen unterstützen.
Noch offen ist, was der Verfassungs-Vorstoss denn genau fordern würde. «Der Text ist noch nicht pfannenfertig», so Florian Wanner. Aber der Kern sei klar: Ambulante und stationäre Leistungen sollen auf die gleiche Art und Weise finanziert werden, weshalb sich die Kantone sich an den ambulanten Kosten beteiligen müssten.