Finnland: Tausende Pflegeleute drohen mit Instant-Kündigung

Fast die Hälfte aller Pflegekräfte in Suomi wollen kündigen – alle am selben Tag. Der Grund ist ein Lohnstreit.

, 6. August 2007 um 04:00
image
  • pflege
  • arbeitswelt
Über 13’000 Pflegefachleute in Finnland haben sich schriftlich verpflichtet, am 19. November 2017 schlagartig zu kündigen. Das sind fast 50 Prozent der insgesamt 32’500 Pflegekräfte im Land.
Mit dieser von der Gewerkschaft «Tehy» lancierten Massnahme wollen die Pflegerinnen und Pfleger ihren Lohnforderungen Nachdruck verleihen, wie aus einem Bericht auf «Spiegel Online» hervorgeht.

«Lange genug die lieben Mädchen»

Der Grund sind die tiefen Löhne. Das Gehalt für eine Pflegefachkraft mit 20 Jahren Erfahrung liegt zum Beispiel bei umgerechnet rund 1’500 Franken pro Monat – kein Einzelfall. Das kaufkraftbereinigte Bruttoinlandprodukt ist monatlich 3’400 Franken.
Weil es auch in Finnland an Pflegepersonal fehlt, hat kaum jemand Angst, die alte Stelle nach dem Tarifkonflikt nicht wiederzubekommen. «Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Wir waren lange genug die lieben Mädchen», sagt eine 54-jährige Pflegefachfrau gegenüber «Huvudstadsbladet».

Spitäler warnen vor Chaos

Die Spitalverwaltungen im ganzen Land warnen nun vor chaotischen Zuständen in finnischen Krankenhäusern.
Allein in der Hauptstadt Helsinki sollen laut Gewerkschaft 25 Prozent der Pflegekräfte die Kündigung angedroht haben. In anderen Landesteilen soll der Anteil noch höher liegen.

Präsident muss Wahlversprechen einlösen

Der frisch gewählte Ministerpräsidenten Matti Vanhanen hatte versprochen, die Löhne bei einem Wahlsieg um rund 600 Franken im Monat zu erhöhen. Nun fordert die Gewerkschaft die Einlösung dieses Versprechens.
Jetzt muss dem Bericht zufolge der Staat zwischen den Tarifparteien vermitteln, um die Massenkündigung zu verhindern. Erst am 5. November soll ein erstes Angebot vorliegen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

PDAG: Neues Arbeitszeitmodell für alle Lebenslagen

150 Franken «Einspringpauschale» oder verbindliche Verfügbarkeiten: Mit einem neuen Modell wollen die Psychiatrischen Dienste Aargau dem Fachkräftemangel begegnen.

image

Swiss Nurse Leaders: Wechsel im Vorstand

Hans-Peter Wyss vom Spital Menziken folgt auf Ursi Rieder.

image

Next: Auch das Kantonsspital Winterthur übernimmt das Modell «42+4»

Die Arbeitszeit der Assistenzärzte wird über die nächsten vier Jahre schrittweise gesenkt. Der Wandel soll kostenneutral erfolgen.

image

Personalmangel: Die Lage entspannt sich ein bisschen

Erstmals seit Jahren registrieren die Personalberater von Adecco bei Gesundheits-Berufen eine Verschiebung: In letzter Zeit sank das Stellenangebot – und die Zahl der Stellensuchenden stieg.

image

St. Gallen: 128 Millionen für die Pflege-Ausbildung

Die Bevölkerung stimmte sehr klar für ein Massnahmen-Paket zur Verbesserung der Lage im Pflegebereich.

image

Simulieren schafft Bewusstsein für die Pflege-Realität

Diese Zahl alarmiert: 40 Prozent der Pflegefachpersonen steigen in den ersten Berufsjahren aus. Am Swiss Center for Design and Health (SCDH) in Nidau bei Biel/Bienne können Entscheidungsträger:innen vorbeugen, indem sie unter Einbezug der Nutzenden im Massstab 1:1 bedürfnisgerecht planen.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.