Anfang Frühling schien das Geschirr zerschlagen. Der Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen (FSP) meldete, dass das Innendepartement die geplante Einführungen eines direkten Abrechnungssystems für die Psychologen «auf unbestimmte Zeit sistiert» habe. FSP-Sprecher Olivier Rüegsegger sagt dazu, im zuständigen Innendepartement sei man damals zur Einschätzung gekommen, dass ein Modellwechsel politisch nicht opportun sein könnte. Seither haben die Psychologen wiederholt auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht - zuletzt mit tausenden an Bundesrat Alain Berset geschickten Briefen und der Lancierung einer Petition. Wie Recherchen von Medinside zeigen, ist die Einführung hinter den Kulissen aber wieder auf Kurs.
Verordnung statt Delegation - was geändert werden soll
Die Grundversicherung bezahlt zur Zeit die Therapie eines psychologischen Psychotherapeuten nur, wenn diese unter Aufsicht und in den Räumen eines delegierenden Arztes erfolgt. Alle anderen psychologischen Psychotherapeuten können nicht über die Grundversicherung abrechnen; die Patienten müssen die Behandlung selbst bezahlen. Geplant ist nun die Einführung eines Verordnungsmodells, wie es ähnlich für Physiotherapeuten existiert. Bei diesem stellen Ärzten den Patienten eine Verordnung aus, die zum Bezug einer bestimmten Anzahl an kassenpflichtigen Therapiestunden berechtigt. Somit könnten auch in eigener Praxis tätige Psychologinnen und Psychologen mit Fachtiteln über die Krankenkassen abrechnen.
Die Qualifikation von Psychotherapeuten ist im Psychologieberufegesetz geregelt. Damit Psychologen therapeutisch tätig sein dürfen ist eine langjährige Zusatzausbildung vorgeschrieben.
«Zuversichtlich, dass Modellwechsel kommt»
«Die aktuelle Regelung des Delegationsmodells in der psychologischen Psychotherapie erscheint nicht mehr angemessen», sagt Jonas Montani, Sprecher des Bundesamt für Gesundheit, auf Anfrage. Die «Arbeiten zu einem alternativen Modell» seien «noch im Gange.» Man sei mit dem EDI und der FSP im Gespräch.
Rüegsegger von der FSP bestätigt, dass der Bund bereits im Frühling Kontakt gesucht habe. Im Spätsommer sei dann ein offizielles schriftliches Gesprächsangebot unterbreitet worden. «Wir freuen uns, dass die Gespräche weitergehen.» Man sei zuversichtlich, dass der Modellwechsel komme, sagt Rüegsegger. Dies sei auch dringend nötig. Mit dem Anordnungsmodell könnten bestehende Zugangshürden abgebaut werden. Denn nur wenn die Therapie früh im Krankheitsverlauf beginne, könnten Chronifizierungen, stationäre Aufenthalte und Arbeitsausfälle vermieden werden, erklärt Rüegsegger. Mit dem Modellwechsel könnten zudem Versorgungsengpässe geschlossen werden.
2019 sind konkrete Schritte geplant
Dass es Versorgungslücke gibt, bestätigte auch eine 2016 vom BAG in Auftrag gegebene Studie des Büro Bass. Dies speziell bei den Angeboten für Jugendliche und Kindern. Der Bundesrat hat seither mehrfach bestätigt, dass Verbesserungen angezeigt seien. «Ob und in welcher Art und Weise ein Wechsel vom Delegationsmodell zum Anordnungsmodell zu einer Verbesserung der Probleme führen könne, ist derzeit noch unklar», sagt BAG-Sprecher Montani. Dies weil die Gespräche derzeit noch liefen. Dabei wird auch die Frage der Ausgestaltung diskutiert. Verhandelt wird etwa darüber, welche Fachärzte die Verordnungen ausstellen dürfen. Die FSP möchte, dass dies etwa auch Hausärztinnen und Frauenärzte tun können.
Doch schon bald könnte es vorwärts gehen. BAG-Sprecher Montani dazu: «Nächste konkrete Schritte sind für das Jahr 2019 geplant.»