Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit zu – auch in der Schweiz: Rund 300 Menschen pro Jahr sterben hierzulande an Infektionen verursacht durch multiresistente Bakterien. So die Einschätzung des Schweizerischen Zentrums für Antibiotikaresistenzen «Anresis».
Welche Antibiotika bei einem bakteriellen Krankheitserreger noch wirken, diese Überprüfung dauert in vielen Fällen zwei Tage oder länger, weil die Bakterien aus Patientenproben zunächst im Labor kultiviert werden müssen. Daher werden schwere Infekte anfangs oft mit einem Breitbandantibiotikum behandelt. Dieses soll gegen möglichst viele Bakterienarten wirken.
Algorithmen können Resistenzen schneller ermitteln
Nun haben Forscherinnern und Forscher der ETH Zürich, des Universitätsspitals Basel und der Universität Basel eine neue Methode entwickelt, mit der sich Antibiotikaresistenzen bereits 24 Stunden früher ermitteln lassen, wie die ETH Zürich heute im Newsletter schreibt.
Ein neues intelligentes Computermodell lernte anhand Daten von über 300’000 Bakterienproben Antibiotikaresistenzen selbständig vorherzusagen. «Intelligente Computeralgorithmen suchen in den Daten nach Mustern, die Bakterien mit und ohne Resistenz voneinander unterscheiden», erklärt die Erstautorin der
Studie, die unlängst im Fachmagazin «Nature Medicine» erschienen ist.
Auf diese neue Art und Weise wurde die Massenspektrometrie genutzt
Das Massenspektrometrie-Gerät, welches die Daten für die neue Methode liefert, werde bereits heute in den meisten mikrobiologischen Laboren eingesetzt, um die Bakterienart zu identifizieren, heisst es im Beitrag der ETH Zürich. Das Gerät vermesse Tausende von Proteinbruchstücken in der Probe und erstelle daraufhin einen individuellen Fingerabdruck der bakteriellen Proteine. Auch hier müssen die Bakterien vorher kultiviert werden – jedoch lediglich während weniger Stunden.
Um zusätzlich auch Resistenzen von Bakterien bestimmen zu können – nämlich mithilfe von Algorithmen der künstlichen Intelligenz – haben die Forscherinnen und Forscher die Massenspektrometrie auf eine neue Art und Weise genutzt. Sie verknüpften dazu die rund 300’000 Massenspektrometrie-Daten von einzelnen Bakterien mit den Resultaten der bisherigen Resistenz-Tests. Im neuen, öffentlich zugänglichen Datensatz sind rund 800 verschiedene Bakterien und über 40 verschiedene Antibiotika enthalten, wie aus dem Beitrag der ETH Zürich hervorgeht.
Klinische Studie bereits geplant
«Die Zeit bis zur optimalen Therapie kann bei einem schweren Infekt über Leben und Tod entscheiden. Eine schnelle und genaue Diagnostik ist hier enorm wichtig», sagt Adrian Egli, Leiter der Klinischen Bakteriologie und Professor am Universitätsspital Basel. Bevor das diagnostische Verfahren aber eingesetzt werden könnte, muss der Nutzen der neuen Methode im Spitalalltag überprüft werden.
Eine grössere klinische Studie ist denn auch schon in Planung. Egli vom Universitätsspital Basel zeigt sich zuversichtlich, dass das Projekt die Behandlung von Infektionen in den nächsten Jahren verbessern wird.