Der FDP-Fraktionschef aus dem Tessin gilt bekanntlich als Kronfavorit für die Nachfolge von Didier Burkhalter. Seine Hauptschwäche, laut Pilet: Er ist der «Kranken-Cassis» – nämlich allzu verbandelt mit den Kassen. «Es gilt, ihn von der Macht fernzuhalten», so das Fazit des welschen Autors.
Teilzeitjob für 180'000 Franken
«Cassis ist Arzt – aber kein Arzt wie alle anderen: Er ist in erster Linie der beste Freund der Krankenkassen. Cassis ist Chef des Branchenverbandes Curafutura. Ein Teilzeitjob, der ihm 180'000 Franken pro Jahr einbringt.»
Sollte es den Kassen jetzt gelingen, «ihren Mann in der Regierung zu platzieren, dann gute Nacht!» Denn gut möglich sei ja auch, dass Cassis Innenminister wird, schliesslich fühle sich der jetzige Gesundheitsminister Alain Berset von der Diplomatie angezogen und könnte ins Aussenministerium wechseln.
H+ geht, Curafutura nicht
«Es wäre ein Albtraum!», so Pilet. Zwar gehörten Beziehungen zu allen möglichen Gruppierungen zum Milizsystem, aber mit Cassis würde dieses Mass «eindeutig überschritten».
Nun muss allerdings beachtet werden, dass Pilet seit jeher quasi selber ein Lobbyist ist – nämlich ein Lobbyist für die Romandie. Erst kürzlich sagte er offen auf Radio SRF, dass er sich einen Welschen als Nachfolger von Didier Burkhalter wünscht: «Ich hoffe wirklich, dass dieser Sitz bei den Romands bleibt.»
Und so spricht sich Pilet keineswegs gleich entschlossen gegen H+-Präsidentin Isabelle Moret (VD) aus wie gegen Curafutura-Präsident Ignazio Cassis (TI), im Gegenteil: Er nennt Moret explizit als mögliche Alternative.
«Reine Heuchelei»
«Auf alle Fälle geht es darum, den Strohmann der Krankenkassen von der Macht fernzuhalten!» Denn Pilet sichtet in den Versicherern die Hauptschuldigen an der Kostenmisere des Schweizer Gesundheitswesens.
«Massgeblich schuld an diesen Monsterkosten sind die Krankenkassen: Es gibt viel zu viele von ihnen – nämlich 59 –, und das ist ein erheblicher Kostenfaktor. Vor allem aber haben die Kassen kein wirkliches Interesse, die Gesundheitskosten zu senken. Viel zu stark profitieren sie von den jährlichen Umsatzsteigerungen. Wohl geben sie sich immer besorgt und mahnen Ärzte wie Patienten zur Vernunft. Das aber ist reine Heuchelei.»
Geht's um die Einheitskasse?
Damit ist im grossen Ringier-Blatt gleich ein zweites welsches Thema lanciert – die Einheitskasse. Eine Idee, die in der Romandie bekanntlich fast so beliebt ist wie ein Bundesratssitz.
Die heutigen Krankenkassen kümmerten sich «keinen Deut um die Preise von Medikamenten, die hierzulande sehr viel teurer sind als anderswo. Auch ist es so, dass sie bestimmte teure Behandlungen anderen, vorteilhafteren vorziehen. Als es im Parlament darum ging, die Eröffnung neuer Arztpraxen zu drosseln – wer stellte sich als Erster dagegen? Ignazio Cassis. Das ganze System muss überprüft werden. Dazu gehören auch Massnahmen, die für die Krankenkassen unangenehm sind. Und ausgerechnet deren Söldner soll diese Massnahmen in Kraft setzen? Ein unerträglicher Gedanke.»