Vorwürfe gegen Starchirurgen bestätigen sich

Ein unabhängiges Gutachten der Hirslanden-Gruppe stellt Max Aebi kein gutes Zeugnis aus.

, 9. September 2019 um 04:00
image
Die Luft wird dünner für den bekannten Berner Orthopäden Max Aebi. Ein Gutachten bestätigt die Vorwürfe, mit denen sich der Berner Arzt seit dem letzten Dezember konfrontiert sieht.
Gegen den Belegarzt des zur Hirslanden-Gruppe gehörenden Berner Salemsspitals läuft eine Strafuntersuchung. Dies in Zusammenhang mit einem neuartigen Wirbelsäulenimplantat aus Plastik - genannt Cadisc-L -, das sich in den Patientenkörpern ungewollt zersetzt. Die Folge: teilweise massive Komplikationen.
Die Recherchen eines journalistischen Rechercheteams förderten Verfehlungen von Aebi zu Tage. Diese betreffen sowohl seine Rolle als Mitglied des Scientific Advisory Boards der Cadisc-L-Herstellerfirma Ranier Technology. So soll Aebi alarmierende Ergebnisse aus Tierversuchen intern heruntergespielt und gegenüber Heilmittelbehörden sowie im Rahmen der Zertifizierung verschwiegen haben. Zudem setzte er den Cadisc-L am Salemspital seinerseits Patienten ein. Daraufhin leitete die Berner Staatsanwaltschaft nach einer Vorprüfung die erwähnte Untersuchung ein.

Neutrales Gutachten

Die Hirslanden-Gruppe hat ihrerseits ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, um die Vorwürfe gegen Aebi zu prüfen - dies sowohl aus medizinischer als auch aus rechtlicher Perspektive. Die juristischen Aspekte prüfte die Zürcher Kanzlei Baumgartner Mächler, die medizinischen Andreas Raabe, Direktor der Neurochirurgischen Universitätsklinik am Inselspital Bern. Nun wurde das Gutachten publiziert.
Das Fazit fällt zu Ungunsten von Aebi aus. Zwar schreiben die Gutachter, dass aufgrund von Sachverhaltslücken «keine abschliessende Beurteilung des Verhaltens von (Aebi) in straf- oder haftungsrechtlicher Hinsicht» möglich sei. Dies auch, weil Aebi ihnen für eine Befragung und für Stellungnahmen nicht zur Verfügung gestanden habe. Dennoch hat es der Bericht in sich.

Mehrfache Verfehlungen

Denn er bestätigt die Vorwürfe, die gegen Aebi im Raum stehen. Dies sowohl, was seine Tätigkeit als Mitglied des Beirats der Entwicklerfirma betreffen, als auch seine Verfehlungen als Operateur und Arzt.
Zitat aus dem Bericht: «(Aebi) war als Mitglied des Scientific Advisory Boards massgeblich an der Entwicklung des Implantats Cadisc-L beteiligt. Als wissenschaftlicher Beirat hatte er einen besonderen Kenntnisstand. Ihm waren die beiden missglückten Affenstudien (...) bekannt. Trotzdem hat (Aebi) die Durchführung einer klinischen Prüfung befürwortet, das Implantat beworben und in Fachartikeln positiv zur missglückten zweiten Pavian-Studie berichtet.»

Finanzielle Interessen verschwiegen

Und weiter: «Schliesslich hat (Aebi) das Implantat Cadisc-L trotz seines Wissens um die missglückten Affenstudien Patienten empfohlen und implantiert.» Die Autoren des Berichts werfen Aebi weiter auch vor, ein finanzielles Interesse am Erfolg des Cadisc-L gehabt und dieses nicht kenntlich gemacht zu haben. Wörtlich steht im Bericht: «Wie die übrigen wissenschaftlichen Beiräte besass (Aebi) eine Option zum Kauf von Aktien an Ranier Technology Ltd. (Aebi) besass demnach ein direktes finanzielles Interesse am Erfolg und damit an einer raschen Markteinführung sowie kommerziellen Verwendung des Implantats. Dabei hat (Aebi) weder seine Patienten noch das Salem-Spital über die Interessenbindungen aufgeklärt»

Keine Nachuntersuchungen gemacht

Auch in Bezug auf sein Vorgehen als Arzt kommt der Bericht zu einem vernichtenden Fazit: Im Mai 2014 wurde Aebi von Ranier mittels einer offiziellen Sicherheitsmitteilung offiziell auf Probleme mit dem Cadisc-L aufmerksam gemacht. Doch «auf die von Ranier empfohlene Nachuntersuchung seiner Patienten hat (Aebi) verzichtet», steht im Bericht. Er habe «seine Patienten nicht über die erfolgten Rückrufe und Handlungsempfehlungen informiert.» Weshalb hat Aebi nicht reagiert? Diese Frage wird ein Gericht klären müssen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: schwere Körperverletzung.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Thurmed Gruppe sucht neuen Finanzchef

CFO Peter Heri will nach 16 Jahren im Amt kürzertreten.

image

Spital STS führt Spital Zweisimmen uneingeschränkt durch den Winter

Der STS-Verwaltungsrat will damit der Region und den Angestellten weiter Perspektiven geben.

image

LabPOCT: Ein Werkzeug für all Ihre Laborgeräte

Mit dem System LabPOCT bietet Sonic Suisse ein Cockpit, mit dem Sie sämtliche Analysen verwalten können – sowohl das eigene Praxislabor als auch das externe Sonic Suisse-Labor.

image

KSBL: Zwei Spitäler? Oder ein neues? Der Entscheid fällt 2026.

Die Regierung von Baselland präsentiert ein Rahmenprogramm für die Gesundheits-Versorgung. Sie prüft dabei auch ein Darlehen, damit das Kantonsspital über die nächsten Jahre kommt.

image

Die IS-H-Alternative bereits im Hause

Universitätsklinikum Köln deckt Prozesse von der Aufnahme bis zur Abrechnung in ORBIS ab.

image

CHUV: Claire Charmet folgt auf Nicolas Demartines

Nach einem langen Verfahren holt das Waadtländer Kantons- und Unispital seine neue Generaldirektorin vom Neuenburger Kantonsspital RHNe.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.