Herr Fontana, warum sind Sie der beste Arbeitgeber?
Schwierig zu sagen. Der «Swiss Arbeitgeber Award» baut ja auf einer Umfrage unter Mitarbeitern, bei denen sehr verschiedene Kategorien abgefragt werden.
Und in welchen Kategorien gaben die Mitarbeitenden der Klinik Adelheid speziell gute Noten?
Wie es aussieht, lagen wir fast überall mit an der Spitze.
Bezahlen Sie denn im Kanton Zug besonders hohe Löhne?
Nein. In den Gehältern spiegelt sich höchstens die allgemeinere Zufriedenheit. Die Erfahrung zeigt: Wenn es jemandem wirklich gefällt in einem Betrieb, tritt der Lohn in den Hintergrund. Wer insgesamt zufrieden ist, ist in der Folge auch zufrieden mit der Vergütung.
Nicolaus Fontana
Nicolaus Fontana ist seit 2012 Direktor der Klinik Adelheid in Unterägeri. Zuvor leitete er zwölf Jahre lang die Hirslanden-Klinik im Park in Zürich; zudem war er ab 2008 Mitglied der Hirslanden-Konzernleitung gewesen, wobei er der Region Mitte als Chief Operating Officer vorstand. Davor hatte Fontana, Jahrgang 1965, für das Spital Zollikerberg gearbeitet.
Was denken Sie persönlich: Weshalb sind die Mitarbeitenden der Klinik Adelheid besonders zufrieden?
Ein Vorteil ist sicher unsere Betriebsgrösse mit etwa 350 Mitarbeitern: nicht zu klein, nicht zu gross. Da kann die Spitalleitung sehr direkt den Kontakt mit allen pflegen. Ich darf aber auch ganz grundsätzlich sagen, dass das Klima bei uns einfach hervorragend ist.
Woher kommt das? Solch eine Unternehmenskultur entsteht normalerweise sehr langfristig.
Die Wertschätzung der Mitarbeiter ist bei uns eine Selbstverständlichkeit. Wir haben beispielsweise viele Anlässe explizit für das Personal. Oder wir sind stets ehrlich im Umgang miteinander. Die Arbeit in einer Rehaklinik ist natürlich auch sehr sinnhaft, was zum guten Klima beiträgt.
Zweifellos, aber das gilt noch für viele Institutionen des Gesundheitswesens.
Ein Punkt ist sicher, dass das Kader in unserer Klinik mit Herz und Blut dabei ist und stets ein ehrliches Verhältnis zu allen Angestellten sucht. Es setzt alles daran, dass sich jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin entfalten kann.
Wo zeigt sich das konkret?
Es zeigt sich auf vielen Ebenen. Die Arbeitsräume für die Mitarbeitenden sollten genauso schön sein wie die Patientenräume. Zusätzlich haben wir eine wunderschöne Aussichtsterrasse für unsere Mitarbeiter. Diese Haltung ist selbst im Gesundheitswesen nicht selbstverständlich. Weiter gilt bei uns das das Prinzip «Jeden Monat läuft etwas»: Es gibt Ausflüge, es gibt mal ein Fest, es gibt Gratis-Frühstücke… Und dank der Grösse können wir dabei unkompliziert sein. Hier hat jeder stets Zugang zu den Chefs, und die Chefs essen auch mit allen im Personalrestaurant, notabene dasselbe wie die Patienten.
Die Klinik Adelheid über dem Ägerisee | PD
Die Klinik Adelheid ist ein Rehabilitationszentrum mit 140 stationären Betten über dem Ägerisee. Sie beschäftigt rund 350 Mitarbeiter und betreut Patienten nach Operationen sowie Menschen mit Erkrankungen des Bewegungsapparates, des Nervensystems und der inneren Organe. Sie ist im Besitz der Gemeinnützigen Gesellschaft Zug.
Welche weiteren Tipps würden Sie anderen Klinikchefs geben, die ebenfalls einen Arbeitgeber-Preis gewinnen möchten?
Immer ein offenes Ohr für die Mitarbeitenden – und zwar sollte dies die ganze Klinikleitung haben. Es gibt beispielsweise wenige Tage, an denen man mich nicht in der Klinik sieht. Ausserdem bemühen wir uns dezidiert darum, die Leute von der Bürokratie zu entlasten.
Das ist sicher ein wichtiger Punkt: Über die administrative Last klagen fast alle in der Gesundheitsbranche.
In der Pflege waren die Mitarbeiterinnen sehr erleichtert, als wir bekanntgeben konnten, dass wir den administrativen Aufwand massiv senken und dass man das Hauptaugenmerk künftig voll auf die Patientenbetreuung legen kann. In der Folge verbesserten sich auch die Ergebnisse unserer Zufriedenheitsbefragungen bei den Patienten massiv.
Sie erlebten also einen Dreisatz: Weniger Bürokratie bringt engagierteres Personal bringt zufriedenere Patienten?
Zumindest gibt es eine Wechselwirkung: Motiviertes Personal wirkt sich auf die Patientenzufriedenheit aus. Wenn die Mitarbeiter zufrieden sind, dann sind auch die Patienten zufriedener – diese Korrelation scheint mir eindeutig. Das gilt nicht nur für die Pflege, sondern auch für die Ärzte und die Therapeuten.
Aber die administrative Last löst sich nicht von selber auf. Wie gingen Sie konkret vor? Wohin verpflanzten sie die Aufgaben?
Es gibt ja wirklich sinnlose administrative Tätigkeiten, die haben wir einfach gestrichen. Früher war beispielsweise die «Projektitis» in vielen Betrieben verbreitet – stets verbunden mit stundenlangen Sitzungen, in die dann wiederum alle eingebunden werden mussten. Solche Sachen haben wir abgeschafft. Wir vermeiden es, Arbeitsgruppen einzusetzen. Wir haben die Sitzungen auf ein Minimum reduziert. Und wir suchten gezielt administrative Aufgaben, von denen wir die Pflege entlasten konnten, etwa in der Leistungserfassung.
Wichtig ist dabei, welche Grundhaltung in einem Betrieb herrscht. Bei uns gilt: Wenn etwas ansteht, dann soll es sofort entschieden und umgesetzt werden. Wir wollen nicht jede Aufgabe tage-, wochen- oder monatelang hin- und herwälzen, sondern sie soll dort gelöst werden, wo sie anfällt. Dazu gehört auch, dass wir fast alle Stabsstellen eliminiert haben.
Wo spüren Sie den allgemeinen Personal- und Fachkräftemangel des Gesundheitswesens?
Die ärgsten Engpässe herrschen ja in Spezialdisziplinen wie OP- und Intensivpflege; das betrifft die Klinik Adelheid weniger. Aber wir spüren schon auch, dass die Situation bei Pflegefachleuten und bei Physiotherapeuten nicht immer einfach ist. Und definitiv schwierig wird es bei den Ärzten. Da spüren wir, dass der Reha-Bereich unter Medizinern als weniger attraktiv gilt. Aber wer dann einmal bei uns ist, will nicht mehr gehen.
Wie gewinnen Sie Personal? Wo werben Sie um neue Angestellte?
Im Bereich der therapeutischen Berufe läuft vieles über Mund-zu-Mund-Propaganda und Rekrutierung der bei uns ausgebildeten Therapeuten. Da haben wir auch keine Mühe, gute Leute zu finden. Hier spielt mit, dass die Rehabilitation beispielsweise für Physiotherapeuten attraktiv ist. Im Übrigen offerieren wir auch Spezialprogramme: In der Pflege schaffen wir beispielsweise für ausgewählte FaGe die Möglichkeit, eine HF-Ausbildung mit vorteilhaften Konditionen zu machen, und wir begleiten sie dabei.
Das ist gewiss ein wichtiger Aspekt.
Ja, denn das gibt es in dieser Form nicht in der Zentralschweiz. Da haben wir früh mit dem Pilotprojekt begonnen und die ersten drei Pflegefachleute haben gerade diesen Sommer die Ausbildung abgeschlossen und stehen uns nun als Pflegefachleute HF zur Verfügung. Dies ist ein Paradebeispiel, wie wir Potenziale unserer Mitarbeiter fördern.
Porträt der Klinik Adelheid im Rahmen des «Swiss Arbeitgeber Award»