Diversity im OP: Ein Frauenanteil von 35 Prozent rettet Leben

Eine weitere Studie zeigt, dass gemischte Anästhesie- und Chirurgie-Teams gut sind für die Qualität.

, 6. Juni 2024 um 20:30
letzte Aktualisierung: 3. Dezember 2024 um 14:51
image
Symbolbild: Medinside – erstellt mit KI Midjourney.
Dass «gemischte» Teams in vielen Berufsfeldern bessere Ergebnisse liefern, gilt inzwischen fast schon als Binsenwahrheit. Doch ist es auch im Operationssaal so? Dieser Frage ging ein Team der Universität Toronto nach.
Es untersuchte im Rückblick die Daten aus der Provinz Ontario – oder konkret: Es analysierte die Ergebnisse von 710’000 Eingriffen, die zwischen 2009 und 2019 an 88 Spitälern durchgeführt wurden.
Die Autoren der retrospektiven Studie fragten einerseits nach der Zusammensetzung der Chirurgen- und Anästhesie-Teams im Operationssaal – und andererseits nach der Mortalität innert 90 Tagen nach dem Eingriff.
Das (bereinigte) Ergebnis war doch recht deutlich. Es besagt: Bestanden mehr als 35 Prozent des Teams aus Frauen, so fielen die Todesraten um 3 Prozent tiefer aus.
Und speziell deutlich war der Vorteil, wenn entweder bei der Leitung der Anästhesie oder aber wenn als Chirurgin eine Frau im Lead war.
  • Julie Hallet, Rinku Sutradhar, Alana Flexman, Daniel I McIsaac, François M Carrier, Alexis F Turgeon, Colin McCartney, Wing C Chan, Natalie Coburn, Antoine Eskander et al.: «Association between anaesthesia–surgery team sex diversity and major morbidity», in: «British Journal of Surgery», Mai 2024.
  • doi.org/10.1093/bjs/znae097
Nun ist die Kern-Aussage tendenziell nicht ganz neu: Dass Frauen im OP bessere Qualitäts-Werte schaffen, zeigten schon diverse Studien (mehr, mehr). Allerdings wurde und wird dieser Unterschied oft damit erklärt, dass Frauen in weniger komplexen Feldern tätig sind (mehr).
Interessant ist bei der kanadischen Erhebung allerdings die Andeutung, dass ein Frauenanteil ab 35 Prozent – also ab einem guten Drittel – wohl einen Qualitäts-Sprung nach sich zieht.
Eine mögliche Erklärung: Erst dann werden die Diskussionen offener; und die entsprechend klarere Kommunikation wiederum könnte stark zur Qualitätsverbesserung beitragen.
«Eine kritische Masse weiblicher Anästhesisten und Chirurgen in Operationsteams ist entscheidend für die Leistung», vermutet Julie Hallet; sie ist Chirurgin und war Hauptautorin der Studie. «Unterhalb einer kritischen Masse dürften weibliche Kliniker ihre Meinungen eher zurückhalten, so dass die Vorteile der Vielfalt erst dann erreicht werden, wenn ein Mindest-Anteil erreicht ist.»
  • Forschung
  • arbeitswelt
  • Chirurgie
  • anästhesie
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Personalmangel: Die Lage entspannt sich ein bisschen

Erstmals seit Jahren registrieren die Personalberater von Adecco bei Gesundheits-Berufen eine Verschiebung: In letzter Zeit sank das Stellenangebot – und die Zahl der Stellensuchenden stieg.

image

Die meistzitierten Medizin-Forscher der Schweiz

Vor allem in Onkologie, Immunologie und Pharmakologie finden Ergebnisse aus der Schweiz weltweit Beachtung.

image

ZURZACH Care führt Fachstrukturen ein – eine Innovation für Mitarbeitende und Patienten

Seit fast einem Jahr begleitet Denise Haller, Direktorin Pflege & Therapie, die Einführung von Fachstrukturen bei ZURZACH Care. Diese strukturellen Veränderungen haben nicht nur die Arbeitsweise der Rehakliniken nachhaltig beeinflusst, sondern das auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter gestärkt.

image

Universität Bern: 13 neue Master fürs Gesundheitsmanagement

Zum 13. mal schlossen Kaderleute den Masterstudiengang in Health Administration und Public Health der Universität Bern ab.

image

Gefahr im Verborgenen: Herzinsuffizienz bei Diabetes

Um die Bedrohung von Herzinsuffizienz bei Diabetespatienten rechtzeitig zu bekämpfen, setzen Schweizer Experten auf Früherkennung. Dazu gibt es ein neues Konsensuspapier.

image

Universität Bern entdeckt Funktion der «Gen-Wüste»

Ein «leerer» DNA-Abschnitt steuert die Entwicklung von Gliedmassen und der Herzfunktion. Forschende der Universität Bern sehen Potenzial für die genetische Diagnostik.

Vom gleichen Autor

image

Notfallpauschalen: FMH und Prio.Swiss haben eine Lösung

Einerseits sollen angestellte Ärztinnen und Ärzte die Zuschläge ebenfalls erhalten. Andererseits fahnden die Krankenkassen nach Fällen, wo aus den Inkonvenienzpauschalen ein Business gemacht wird.

image

Zürich: Kein Teuerungsausgleich in den kantonalen Spitälern

Seit 2023 wuchsen die Lohnsummen bei KSW, PUK, IPW und USZ deutlich schwächer als in der übrigen Kantonsverwaltung.

image

USB: Daniel Staub wird Chief Medical Officer

Der heutige Chefarzt der Klinik für Angiologie folgt im Juli 2025 auf Jürg Steiger.