Vor dem Hintergrund grosser Herausforderungen wie Kostenanstieg und Fachkräftemangel – die auch 2025 präsent bleiben – wurden letztes Jahr wichtige politische Entscheidungen gefällt, die das schweizerische Gesundheitswesen. Schwerpunkt waren die drei Volksabstimmungen vom 9. Juni und 24. November 2024. Bemerkenswert war dabei, dass bei der Efas-Vorlage trotz beinahe vollständiger Allianz von Politik und Akteuren des Gesundheitswesens nur ein dünnes Ja zustande kam – bei teilweise deutlicher Ablehnung in der Westschweiz.
Das zeigt zwei wichtige Probleme im schweizerischen Gesundheitswesen auf: Das mangelnde Vertrauen der Bevölkerung in die Politik sowie das Spannungsfeld zwischen Deutsch- und Westschweiz.
Des Weiteren kämpft sich das Parlament nach wie vor durch das Kostendämpfungspaket 2.
Andreas Faller ist Rechtsanwalt, Berater im Gesundheitswesen und Geschäftsführer für das Bündnis Freiheitliches Gesundheitswesen. In seiner Karriere war er unter anderem Generalsekretär und Leiter Gesundheitsdienste Gesundheitsdepartements Basel-Stadt; Vizedirektor und Leiter des Direktionsbereiches Kranken- und Unfallversicherung im Bundesamt für Gesundheit; sowie Mitglied des Verwaltungsrates des Kantonsspitals Aarau und des Kantonsspitals Baselland.
Ein Fazit daraus: Wir dürfen in Zukunft keine Ressourcen mehr über so lange Zeit binden für umfangreiche Reformen, die kaum etwas bringen.
Das Jahr 2025 wird nun dicht bepackt sein mit wichtigen Vorlagen. Nur einige davon seien kurz herausgegriffen:
- Der in der Vernehmlassung sehr kontrovers diskutierte Entwurf zur 2. Etappe der Umsetzung der Pflegeinitiative wird weiter zu bearbeiten sein.
- Bereits gestartet wurde Mitte Dezember 2024 die Vernehmlassung zur Umsetzung des indirekten Gegenvorschlages zur Prämien-Entlastungsinitiative.
- Im Januar 2025 soll dann die noch viel heiklere Vernehmlassung zum indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative beginnen. Dort sollen Kosten- und Qualitätsziele eingeführt werden.
- Dann kommt im Frühjahr 2025 voraussichtlich die neue Vorlage für ein elektronisches Patientendossier (EPD) ins Parlament. So wie der Inhalt angekündigt ist, wird es sehr schwierig, gestützt darauf ein von breiten Kreisen der Bevölkerung genutztes, inhaltlich vollständiges und damit verlässliches EPD zu bauen.
- Ferner hat die politische Linke bereits neue Aktivitäten in Richtung Einheitskasse angekündigt.
Diese Prozesse können erneut zu endlosen Blockaden im System führen, wenn nicht Veränderungen in der Methodik der Gesetzgebung vorgenommen werden. Denn leider resultieren heute aus den Gesetzgebungsverfahren häufig Bestimmungen, deren Qualität weit hinter den Möglichkeiten zurückliegt.
Um Verbesserungen zu erreichen, muss unbedingt versucht werden, den Geist der Efas-Kampagne in weitere Reformen zu übernehmen. Hier ist es in einmaliger Weise gelungen, eine breite Allianz von Stakeholdern und Politik zu erreichen, weil Akteure bereit waren, Partikularinteressen zur Erreichung einer wichtigen Reform zurückzustecken.
«Heute zeugen teilweise endlose 'Fahnen' zu Gesetzesrevisionen mit unzähligen Änderungen von den unabsehbaren politischen Prozessen, die der Qualität häufig schaden.»
Anfang Dezember 2024 besuchte ich mit einer Gruppe aus der Schweiz Dänemark, um das dortige Gesundheitssystem kennenzulernen. Eine Lehre daraus für die Schweiz: Wichtige und sinnvolle Reformen sind einfacher möglich, wenn einerseits das Volk der Regierung und dem Parlament und andererseits das Parlament der Regierung und der Verwaltung vertraut. Ausserdem sollten Reformen nur dann an das Parlament überweisen werden, wenn durch informelle Vorbereitungsarbeit früh eine stabile politische Mehrheit geschaffen werden kann.
Hierzu sollten zunächst Reformideen und -konzepte durch Expertinnen und Experten erarbeitet und mit Politik und Betroffenen diskutiert werden. Dabei braucht es viel Transparenz und Dialog in einer frühen Phase des Gesetzgebungsprozesses und Zuverlässigkeit der politischen Parteien in abgegebene Zusagen.
Unfertige Regelungen, Inkonsistenzen
So könnte die «Zerlegung» von Gesetzesentwürfen in der parlamentarischen Beratung durch Einflussnahme der Stakeholder reduziert werden. Heute zeugen teilweise endlose «Fahnen» zu Gesetzesrevisionen mit unzähligen Änderungen von den unabsehbaren politischen Prozessen, die der Qualität häufig schaden, indem unfertige Regelungen, Inkonsistenzen, Umsetzungsprobleme und nicht selten sogar Widersprüche in Gesetzen verankert werden.
Fazit: Wir kommen auf ein dicht bepacktes politisches Jahr zu. Mit einem veränderten Mindset von Politik und Akteuren, einer früheren und transparenten Einbindung aller Stakeholder in die Reformprozesse und einem verstärkten Augenmerk auf die inhaltliche Qualität von Reformvorlagen könnte einiges bewegt werden.