EPD: Die Post hat die besten Karten

Die Post, AD Swiss und Abilis bieten heute Plattformen für Elektronische Patientendossiers (EPD) an. In Zukunft wird es nur noch einer sein.

, 7. Oktober 2024 um 14:00
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Walter Stüdeli von der Interessengemeinschaft eHealth. Bild: zvg
Zentralisierung statt Dezentralisierung: Das will der Bundesrat. Sieben Stammgemeinschaften bieten derzeit ein elektronisches Patientendossiers an. Sechs davon nutzen die Plattform der Post. Das sind rund 99 Prozent aller eröffneten Elektronischen Patientendossiers (EPD).
Neu soll nun eine einheitliche Plattform durch den Bund zur Verfügung gestellt werden. Die zentrale technische Infrastruktur soll mit einer Ausschreibung beschafft werden. Das ist soweit bekannt.

Abilis oder Post?

Nicht bekannt und interessant ist die Frage, wer schliesslich das Rennen macht. Post, AD Swiss, Abilis bieten heute die Plattformen an. AD Swiss bietet eine Gemeinschaft für Ärzte an, eröffnet aber keine EPDs.
Sowohl die Post als auch Abilis müssten jedoch massiv investieren, damit die User Experience zukunftsfähig ist und cloudbasierte Lösungen angeboten werden könnten, die wohl sicherer sind als Datenbanklösungen.

Viel Geld investiert

«Ich denke, dass die Post die besseren Karten hat», sagt Walter Stüdeli von der IG eHealth. «Sie hat bereits dermassen viel Geld in die Infrastruktur und in die Anbindung ans EPD investiert, namentlich bei den Spitälern, dass der Abschreiber grösser wäre als bei den anderen Anbietern.»
Wie Stüdeli weiter erklärt, sei die IG eHealth schon lange der Meinung gewesen, dass der Staat selber oder ein staatsnahes Unternehmen der Anbieter sein sollte. Wobei die FMH Teil des Konstrukts sein müsste, «um auf eine genügend hohe Akzeptanz zu stossen.»
Schon in der Vernehmlassung zum neuen Gesetz hat sich die IG eHealth für eine einzige technische Plattform ausgesprochen. «Es hat sich gezeigt, dass die Komplexität mit mehreren Plattform-Anbietern und mehreren Stammgemeinschaften und einer Gemeinschaft zu hoch ist, um die Interoperabilität sicherzustellen.»

Dezentral ist teuer

Die Kosten der Implementierung von EPD-Anwendungen sinken, wenn es nur noch eine Plattform gibt. Die Kosten sinken weiter, wenn der Bundesrat verpflichtende technische und semantische Standards erlässt.
Die IG eHealth fordert nun, dass die Tiefenintegration von EPD-Anwendungen via DigiSanté mitfinanziert wird – dem Programm des EDI zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen.

Gutachten in Auftrag

Nur so könne das EPD endlich Nutzen stiften. Die IG eHealth hat diesbezüglich ein Gutachten in Auftrag gegeben. Im Fokus stehen das E-Rezept, der E-Medikationsplan und der E-Notfallpass. Diese Anwendungen würden einen echten Mehrwert für alle EPD-Nutzer bringen, ist Stüdeli überzeugt.
«Was mir etwas Sorge bereitet», so Stüdeli, sei die Tatsache, dass es doch sehr unattraktiv erscheint, in den nächsten Jahren ins EPD zu investieren. Um den Stillstand zu verhindern, brauche es deshalb erst recht die staatliche Unterstützung bei der Tiefenintegration der Primärsoftware.
Und was ist mit dem unterlegenen Anbieter? Walter Stüdeli: «Ich gehe davon aus, dass er Schadenersatz fordern wird.»
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