Herr Redjepi, Roboter in Spitälern klingt für viele nach Science Fiction. Das Stadtspital Triemli, das Spital Nyon oder die Schulthess Klinik haben die technischen Helfer bereits im Einsatz. Wie kann man sich diese vorstellen?
Der Indoor-Roboter transportiert nahezu alles, und zwar rund um die Uhr. Er bewegt sich selbstständig durch das Spital und belädt sich – je nach Aufsatz – auch selbst mit dem Transportgut. So etwa mit medizinischem Verbrauchsmaterial, Wäsche, Esswaren oder Abfällen. Ein weiterer Roboter, wir nennen ihn Medibot, transportiert Medikamente oder Laborproben. An ihm können modular verschiedene geschlossene Gefässe angebracht werden, die mit einem Pincode oder Fingerabdruck geöffnet werden. Im Spital Nyon ist der Medibot nicht mehr aus dem Labor wegzudenken.
Semir Redjepi
Head of Robotics Schweizerische PostEr kümmert sich um die Installation, den Betrieb und die Wartung der Roboter und sorgt für eine nahtlose Integration in die bestehenden Logistikprozesse.
Ein Roboter autonom unterwegs im Spital – braucht es hierfür eine spezielle Infrastruktur?
Nein, das ist einer der grossen Vorteile. Im Spital müssen keine baulichen Massnahmen umgesetzt werden. Es braucht lediglich ein funktionierendes WLAN, und dank einfacher technischer Modifikationen können die Roboter auch Türen öffnen und mit Liften fahren.
«Wir spüren aktuell ein stark ansteigendes Interesse von Seiten der Spitäler», Semir Redjepi, Head of Robotics Schweizerische Post
Wie funktioniert der Indoor-Roboter technisch?
Wir speichern eine virtuelle Karte des Gebäudes auf dem Roboter. Mittels Laser navigiert er sich durchs Gebäude und erkennt in Echtzeit, wenn ein Objekt im Weg steht oder eine Person entgegenkommt. Dann weicht er aus oder stoppt. Die Aufträge an den Roboter werden vom Spitalpersonal über ein entsprechendes Interface erfasst, das können einmalige oder auch sich wiederholende Transportaufträge sein. Als Spital kann man den Prozess laufend anpassen und bleibt so flexibel.
Wie verbreitet sind Roboter bereits heute in den Spitälern?
In der Schweiz haben wir vier laufende Kunden mit sieben Robotern. Diese haben im vergangenen Jahr insgesamt knapp 30’000 Zustellungen gemacht und rund 2’250 km zurückgelegt. Im Vergleich zu Asien und den USA steht die Schweiz beim Einsatz von Indoor-Robotik aber erst am Anfang. Wir spüren aktuell ein stark ansteigendes Interesse von Seiten der Spitäler. Bei vielen besteht durch die angespannte Personalsituation und die immer komplexeren Anforderungen an die Logistik, ein akuter Handlungsbedarf. Nicht zu vergessen natürlich der hohe Kostendruck unter dem die Spitäler zunehmend stehen.
«Wir haben erst gemerkt, welche Entlastung uns der Roboter bringt, als er weg war», Mitarbeitende des Spitals Nyon
Stichwort Personalmangel. Inwieweit kann der Roboter hier unterstützen und welche Vorteile bringt er sonst noch mit sich?
Indem der Roboter dem medizinischen Fachpersonal Transportwege abnimmt, können diese sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, haben mehr Zeit für die Patienten und für andere Aufgaben. In Nyon mussten etwa die Labormitarbeitenden weite Wege zurücklegen, um die Laborproben von A nach B zu bringen. Indem ihnen diese Aufgabe abgenommen wurde, konnten sie die gewonnene Zeit für ihre Arbeit einsetzen. So helfen Indoor-Roboter Spitälern dabei, Kosten einzusparen und die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Dass die Roboter sich dabei auch im Tagbetrieb und im Patientenverkehr frei bewegen können, ist natürlich ein entscheidender Vorteil.
Der Robotereinsatz am Stadtspital Triemli schlug medial hohe Wellen. Erzählen Sie…
Im vergangenen Jahr haben wir am Triemli «Trapi», unseren Transportroboter eingeführt. Die vier selbstfahrenden Helfer verteilen medizinische Verbrauchsmaterialien von der Logistikplattform im Untergeschoss auf die total 24 Stockwerke des Stadtspitals. In einem Jahr bewegten die vier Roboter so mehr als 800 Tonnen Material. Da die Roboter vor allem nachts arbeiten, wird der Liftbetrieb und die weitere Infrastruktur tagsüber entlastet. Ausserdem kann das Triemli die Nachtstunden nutzen, um die Zeit von der Bestellung bis zum Eintreffen der medizinischen Verbrauchsmaterialien auf den Etagen zu verkürzen. Dadurch spart die Logistikorganisation Zeit und Ressourcen und die Kernaufgabe des Spitalbetriebs – die Betreuung der Patienten – wird optimal unterstützt. Das Personal ist begeistert und für sie sind die “Trapi” aus dem Spitalalltag nicht mehr wegzudenken. Inzwischen verteilt der Roboter den Mitarbeitenden jeweils morgens um 9 Uhr auch ihr Znüni.
Was bekommen Sie für Rückmeldungen von den Mitarbeitenden?
Manchmal spüren wir anfänglich eine gewisse Skepsis. Diese weicht meist aber sehr schnell der Zufriedenheit. Dazu eine kleine Geschichte: Als im Spital Nyon umgebaut wurde, mussten die Mitarbeitenden für einige Monate auf den Roboter verzichten. Als ich ihnen den kleinen Helfer zurückbrachte, herrschte überall Freude und sie meinten: «Wir haben erst gemerkt, welche Entlastung uns der Roboter bringt, als er weg war.»
Wie gehen Sie bei der Einführung in den Spitälern vor?
Jedes Spital ist anders. Deshalb analysieren wir zuerst immer die Situation vor Ort und erarbeiten und implementieren dann gemeinsam mit dem Spital die optimale Lösung. Dabei kümmern wir uns um die Installation, den Betrieb und die Wartung der Roboter und sorgen für eine nahtlose Integration in die bestehenden Logistikprozesse. Da die Spitäler die Roboter bei uns mieten können, entfallen hohe Investitionen, gleichzeitig sind die Roboter immer auf dem neuesten Stand. Und wenn mal Probleme auftauchen, sind wir via unserem Remote-Operating-Center ständig für die Spitäler da. Ausserdem werden alle Spitalmitarbeitenden im Umgang mit den Robotern geschult.
Dienstleistungen der Post im Gesundheitswesen
Bereits seit jeher gewährleistet die Schweizerische Post den sicheren und zuverlässigen Transport von Waren und Informationen. Seit über zehn Jahren setzt die Post diese Kernkompetenz auch für das Gesundheitswesen ein. So bietet die Post als Vollversorgerin neben den Indoor-Robotern auch zahlreiche weitere logistische Dienstleistungen für Spitäler und Leistungserbringer im Gesundheitswesen an, zum Beispiel die operative Beschaffung, den Transport, die zertifizierte Lagerung, die sterile Aufbereitung von OP-Material oder die Intralogistik. Zudem stellt sie Digital Health Services und IT-Lösungen für den verschlüsselten Datenaustausch bereit. Mit diesen innovativen und individualisierbaren Services können die Herausforderungen im Gesundheitswesen angegangen und die tägliche Arbeit der Gesundheitsfachkräfte vereinfacht werden.
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