Eine Börsenregel besagt: «Man soll nicht gutes Geld schlechtem hinterherwerfen». Damit sollen Fehlinvestitionen als solche erkannt und verhindert werden, dass trotzdem weiteres Geld fehlinvestiert wird.
Der Ständerat scheint diese Regel nicht zu kennen, oder er ist der Meinung, das Elektronische Patientendossier (EPD) sei keine Fehlinvestition und auf gutem Weg, das Ziel zu erreichen. Wie der Nationalrat schon in der Dezembersession stimmte am Dienstagmorgen auch die kleine Kammer einer Übergangsfinanzierung von 30 Millionen Franken zugunsten der sieben Stammgemeinschaften zu. Damit soll die Verbreitung des EPD gefördert werden.
Man muss wissen, dass der Bundesrat das EPD-Gesetz demnächst umfassend revidieren will. Die Revision befindet sich in der Vernehmlassung. Mit der Übergangsfinanzierung soll sichergestellt werden, dass das EPD bis zum Inkrafttreten des revidierten Gesetzes sichergestellt werden kann.
Abbruch oder nicht?
Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis schreibt
hier in einem Gastbeitrag: «Manchmal ist der Abbruch eines erfolglosen Projekts und ein Neustart die bessere Option». Noch mehr Geld und Zwang machten das EPD nicht besser. Auch die Gesundheitsdirektorenkonferenz Ost (GDK-Ost) empfiehlt, die Übung abzubrechen.
Davon will aber der Ständerat nichts wissen. Nur gerade die beiden Mitteständeräte Benedict Würth (SG) und Beat Rieder (VS) lehnten den Bundesbeschluss ab, äusserten sich in der Debatte aber nicht dazu.
Anschlusspflicht
So ging es also nur noch darum, ob den Kantonen Vorgaben zu machen sei, welche Stammgemeinschaften sie zu unterstützen hätten. Zu reden gab auch die Anschlusspflicht. Es ist unbestritten, dass früher oder später die Leistungserbringer, namentlich Ärztinnen und Ärzte, dazu gezwungen werden sollen, das EPD einzurichten. Die Frage ist nur: ob früher oder später.
Gemäss dem Ständerat soll die Anschlusspflicht im Rahmen der genannten Gesetzesrevision angegangen werden. Derweil der Nationalrat Druck machen will und die Anschlusspflicht nach einer Übergangsfrist von nur einem Jahr einführen möchte.
«Wenn wir wirklich vorwärtskommen möchten, muss das EPD obligatorisch werden. Es muss zwingend eingeführt werden.» Brigitte Häberli-Koller (Mitte, TG).
«Die Übergangsfinanzierung ist so ausgestaltet, dass der Bund seinen Beitrag von voraussichtlich 30 Franken pro eröffnetem Dossier nur bezahlt, wenn die Kantone mindestens gleich viel beitragen.» Damian Müller (FDP, LU).
«Ich meine persönlich, dass es wahrscheinlich zu spät ist, diesen fahrenden Zug zu stoppen und dass es vielleicht den Versuch schon wert ist, dieses Geschäft auf die Zielgerade zu bringen.» Hannes Germann (SVP, SH).
«Das Ziel muss ein, dass möglichst viele elektronische Dossiers eröffnet werden.» Johanna Gapany (FDP, FR).
«Das Ziel des Bundesrates, eine Million neu eröffneter Dossiers zu erreichen und dafür 30 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen, ist ein hehres Ziel.» Peter Hegglin, (Mitte, Zug)
«Es muss betont werden, auch wenn es ein wenig schmerzhaft ist, dass das elektronische Patientendossier hierzulande bislang ein Misserfolg ist.» Baptiste Hurni (SP, NE).
«Uns allen ist bewusst: Das elektronische Patientendossier ist noch nicht da, wo es sein sollte. Die Verbreitung ist zu gering, die Funktionalitäten sind verbesserungswürdig. Aber unbestritten bleibt auch: Das EPD hat Potenzial.» Elisabeth Baume-Schneider, Bundesrätin.