FMH, Pflegeheime, Spitex und Curafutura wollen Efas

Selten sind sich Ärzte, Spitäler und Kassen so einig: Sie wollen ambulante und stationäre Leistungen einheitlich finanziert haben.

, 3. Juli 2024 um 11:48
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Weil die Gewerkschaft VPOD gegen Efas ist, haben sich die Ärzte, Spitäler, Heime, Spitex und die Curafutura-Krankenkassen zum Befürworter-Komitee geeint. | VPOD
Ausnahmsweise sassen sie heute in Bern alle am gleichen Tisch: Die Ärzteverbindung FMH, die Spitex, der Heimverband und der Krankenkassenverband Curafutura: Sie alle wollen, dass die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (Efas) im November vom Volk gutgeheissen wird.
Entscheiden muss das Volk, weil die Gewerkschaft VPOD das Referendum ergriffen hat. Ihre Bedenken: Mit Efas könnten die Prämien und Kostenbeteiligungen stärker steigen, weil viele Kosten weg von den Kantonen verschoben werden, also hin zu den Prämienzahlern. Auch werde der Spardruck zunehmen – und damit der Druck auf Personalschlüssel und Gehälter.

Curafutura prophezeit tiefere Prämien

Dem widersprach Curafutura-Direktor Pius Zängerle heute an einer Pressekonferenz: Er prophezeit Einsparungen von 1 bis 3 Milliarden Franken pro Jahr – der grössere Teil davon bei den Prämienkosten, ein kleinerer Teil bei den Steuern.
Dies insbesondere wegen der Verlagerung weg von teuren Spitalaufenthalten hin zu billigeren ambulanten Behandlungen. Zängerle sagt, dass nach der Efas-Einführung 2028 die Prämien sinken würden - inbesondere für Versicherte in HMO-Modellen.

Spitex erwartet mehr Aufträge

Marianne Pfister, Co-Geschäftsführerin der Spitex Schweiz erwartet, dass sich mehr Patienten zu Hause pflegen lassen, wenn die Spitex-Pflege für die Krankenkassen nicht mehr teurer ist als die Pflege in einem Heim.

Ärzte hoffen auf bessere Versorgung

Urs Stoffel, Zentralvorstand der FMH, ist überzeugt, dass Efas den Patienten helfe. Besonders die stetig wachsende Zahl der chronisch Kranken könne mit ambulanten Behandlungen kontinuierlich überwacht werden und müssten weniger häufig ins Spital. «Die teuersten Patienten sind jene mit Herz-Kreislauf-, Diabetes- und Atemwegerkrankungen, die notfallmässig ins Spital eingeliefert werden.»

Auch Spitäler im Pro-Komitee

Ebenfalls in der Allianz Pro Efas mit dabei sind die Spitäler. Da sie vermehrt auch ambulante Behandlungen anbieten, sind sie auch daran interessiert, dass diese gleich finanziert werden wie die stationären Leistungen.

Heime wollen stabile Finanzierung

Daniel Höchli, Geschäftsführer des Heim-Verbands Artiset, hofft, dass auch die Pflegeleistungen mit Efas künftig einheitlich und ohne Deckungslücken finanziert werden. Damit würde die Pflege aufgewertet.
Genau dieser Punkt führte allerdings dazu, dass die der zweite Krankenkassenverband, Santésuisse, einen Vorbehalt gegen die Efas-Vorlage hat. Er ist zwar grundsätzlich für die einheitliche Finanzierung. Allerdings lehnt es der Verband ab, die Pflegekosten bedingungslos ebenfalls zu übernehmen. Das würde die Prämienzahler Milliarden kosten, warnt der Verband.

Berufsverband gespalten

Ebenfalls skeptisch ist der Berufsverband der Pflegefachleute SBK. Efas biete Vor- und Nachteile. Deshalb will der Verband keine Position beziehen und hat die Stimmfreigabe beschlossen.

«Etikettenschwindel», sagt der Gesundheitsökonom

Auch der Gesundheitsökonom Heinz Locher kritisiert das neue Finanzierungsmodell. Es sei ein «Etikettenschwindel» und «wimmelt von Vorbehaltsklauseln», sagte er im Interview mit Medinside. Er zweifelt daran, dass es nach der Annahme fristgerecht umgesetzt werde.

Keine Lösung für Tarif-Streit

Auch Pius Zängerle von Curafutura muss zugeben, dass Efas nur einen kleinen Teil der Probleme im Gesundheitswesen löst. Die Reform bietet keine die Lösung für die derzeit heiss umstrittenen Tarife. Diese müssen ausgehandelt werden - unabhängig davon, ob Efas eingeführt wird oder nicht.
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