Gebühren für Bewilligungen: Der Preisüberwacher greift ein

Bei den Lizenzen für Medizinal- und Gesundheitsberufe herrscht Intransparenz. Sogar der Verdacht auf Abzockerei drängt sich auf.

, 5. Februar 2024 um 07:30
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«Starkes Indiz für Handlungsbedarf»: «Mister Prezzi» Stefan Meierhans  |  Bild: PD
Wenn der Staat reguliert, verschafft er sich damit gleich Einnahmen. Denn sobald eine Genehmigung benötigt wird, fordern Gemeinden, Kantone oder der Bund auch Gebühren für das gestempelte Papier. Und wohl jeder hat sich in so einem Fall schon irgendeinmal gefragt, in welchem Verhältnis diese Tarife zum bürokratischen Aufwand stehen.
Einen offenbar auffällig stossenden Bereich hat nun der Preisüberwacher ins Visier genommen: Es geht um die Kosten, welche die Kantone den Gesundheits-Profis auferlegen.
Oder konkreter: Es geht um die Berufsausübungsbewilligungen im Gesundheitswesen sowie die Gebühren für die Zulassung Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP).
Diese sind sehr unterschiedlich (was an sich schon verdächtig ist), und sie sind teilweise ausserordentlich hoch: So das Fazit eines neuen Berichts von Preisüberwacher Stefan Meierhans.
Im Thurgau erreichen die Gebühren für eine Berufsausübungs-Bewilligung für Medizinalpersonen beispielsweise bis 2400 Franken, in Appenzell Innerrhoden 2000 Franken – derweil sie im Kanton Zug bei 300 Franken liegen.
In den Kantonen, die fixe Gebühren verlangen, liegt der Mittelwert bei 663 Franken. Dies bei einer Bandbreite von 300 Franken (Zug) bis 1000 Franken (Zürich).
Bei den Gesundheitsberufen reicht die Spanne für solch eine Genehmigung von 100 bis 2000 Franken (beide Werte finden sich im Kanton Thurgau, der mit Bandbreiten statt mit fixen Gebühren arbeitet). Bei den Kantonen mit einer fixen Gebühr liegt der Mittelwert bei 446 Franken.

Geheimniskrämerei

Zu erwähnen ist, dass Preisüberwacher Meierhans auch die Intransparenz moniert, die hier regelmässig grassiert. Einige Kantone informieren sogar nicht einmal im Voraus über die Gebühren und veröffentlichen keine Preisliste.
Eine weitere Bewilligungspflicht – und somit Gebühr – wurde im Januar 2022 eingeführt: Seit dann benötigt man eine formelle Zulassung, wenn man Leistungen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP erbringt.
Hier erreicht der Spitzenwert bei den Medizinalberufen 5000 Franken (im Kanton Appenzell Ausserrhoden) – während einige Kantone derzeit keine Gebühr erheben, weil sie noch keine rechtliche Grundlage geschaffen haben.
Rund zwei Drittel der Kantone fordern einen fixen Tarif, der dann zwischen 200 und 900 Franken pendelt. Der Mittelwert liegt bei 308 Franken. Bei den Gesundheitsberufen liegt der Mittelwert bei 235 Franken.
Dass die Werte recht zufallsabhängig sind, ist also rasch ersichtlich.

Rechne: Aufwand mal Stundensatz

Monsieur Prix ging aber auch dem Zeitaufwand nach, den die Kantone durchschnittlich für solch eine Bewilligung veranschlagen. Und siehe da: In etwa zwei Dritteln der Kantone benötigt man 150 Minuten oder weniger – während bei den anderen 80 Minuten oder weniger genügen.
Und der Mittelwert der Lohnkosten, welche dann am Ende für solche eine Bewilligung angegeben werden, liegt bei 240 Franken.
Was gewisse Gebühren – siehe oben – dann noch verdächtiger macht, wenn man Aufwand mal Stundensatz rechnet…
Das Team von Stefan Meierhans formuliert das allerdings einen Tick diplomatischer: «Der Preisüberwacher kann die enormen Unterschiede bei Zeitaufwand und Stundenlohnkosten nicht nachvollziehen. Sie sind ein starkes Indiz für Handlungsbedarf in vielen Kantonen.»
Insgesamt fordert Monsieur Prix, dass die Gebühren für eine Berufsausübungs-Bewilligung 700 Franken (bei Medizinalberufen) respektive 500 Franken (bei Gesundheitsberufen) nicht überschreiten. OKP-Zulassungen sollten für maximal 300 Franken erteilt werden.

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