Solche Praktiken hört man sonst nur von zwielichtigen Versicherungsvermittlern, die auf Teufel komm raus eine möglichst teure Police verkaufen wollen. Doch ausgerechnet eine Tochterfirma der KPT – einer der zehn grössten Krankenkassen der Schweiz – hat genau so gearbeitet.
Wie die Sendung «Kassensturz» publik machte, hat ein Vermittler einem Ehepaar einen sehr unvorteilhaften Wechsel vorgeschlagen und dann sogar auf eigene Faust die alte Versicherung gekündet.
Weder Name noch Firma genannt
Das Ehepaar wusste nicht einmal, dass es sich um einen Versicherungsberater einer KPT-Tochterfirma handelte. Ohne einen Namen oder eine Firma zu nennen, überredete er das Ehepaar offenbar dazu, von der Visana zur KPT zu wechseln, weil diese das günstigste Angebot habe.
Wegen Tumor wollte er nicht kündigen
Das Ehepaar willigte ein, wies den Berater aber darauf hin, dass die Zusatzversicherung des Mannes unbedingt bei der Visana bleiben müsse, da bei ihm Krebs festgestellt worden ist.
Nach einiger Zeit erhielt das Ehepaar die Kündigungsbestätigung der Visana – und zwar auch für die Zusatzversicherung. Deshalb wandte sich das Paar an den «Kassensturz». Als dieser der Sache nachging, zeigte sich: Der Berater kam von der Vermittlerfirma Breasy, und diese Firma ist eine Tochtergesellschaft der KPT.
Krankheit verschwiegen
Dabei kamen haarsträubendere Details zutage: Der Vermittler hatte nicht nur gegen den Willen des Ehepaars die Zusatzversicherung bei der Visana gekündet, sondern auch eigenmächtig einen Gesundheitsfragebogen ausgefüllt – und zwar falsch.
Es zeigte sich ausserdem, dass die KPT zwar billiger ist als die bisherige Kasse des Ehepaars. Aber die Assura wäre noch viel billiger gewesen. Die KPT war also nicht wie vom Vermittler vesprochen die günstigste Lösung.
«Schlampig und intransparent»
Der unabhängige Versicherungsberater Ruedi Ursenbacher beurteilte die Beratung vernichtend: Schlampig und intransparent habe die KPT-Tochterfirma Breasy gearbeitet. Diese entschuldigte sich denn auch: Es sein «unabsichtlicher, menschlicher Fehler des Beraters» gewesen. Breasy sei noch ein junges Unternehmen.
Visana war kulant
Für das betrogene Ehepaar endete der Fall zwar mit viel Ärger und Aufwand, aber zum Glück ohne finanziellen Schaden. Die Visana zeigte sich kulant und machte die Kündigung der Zusatzversicherung rückgängig. Die KPT-Tochterfirma Breasy will dem Ehepaar auch die Prämien-Mehrkosten von 1000 Franken zahlen, weil das Ehepaar diesen Betrag mit einem Wechsel zur Assura statt zur KPT hätte sparen können. Ausserdem bot sie eine Umtriebsentschädigung an.
Breasy versprach zudem, dass sie deutlicher zeigen wolle, dass sie eine Tochterfirma der KPT sei. Das ist derzeit kaum ersichtlich. Auf der Website rühmt sich die Firma, wie «jung, erfahren, kompetent» das Team sei und behauptet sogar: «Mit Breasy setzen Sie auf unabhängige Beratung, Expertise und massgeschneiderte Lösungen, die ganz genau zu Ihnen und Ihrer Lebenssituation passen.»
Gut versteckter Hinweis
Nur wer ganz genau sucht, findet den Hinweis: «Mit der KPT Holding AG als Mehrheitsaktionärin haben wir einerseits die Nähe zu einem Top platzierten Krankenversicherer und können gleichzeitig gewährleisten, leistungsstarke Versicherungen individuell für die Kundenbedürfnisse bereitzustellen.»
Die Verflechtung der KPT mit Breasy ist eng. Im Verwaltungsrat von Breasy sind drei der fünf Verantwortlichen auch KPT-Angestellte: Manuel Mauron ist seit März 2022 Finanzchef der KPT. Carsten Witzmann amtet als Sekretär des Verwaltungsrats, und Stefan Burkhalter ist bei der KPT für die Kundenberatung zuständig.
KPT distanziert sich ausdrücklich
Trotzdem distanziert sich die KPT deutlich vom Verhalten des Breasy-Beraters und bezeichnet den Fall «als inakzeptabel». Gegenüber Medinside betont die KPT: «Es entspricht in keiner Art und Weise unseren Ansprüchen und den Werten der KPT. Wir haben umgehend personelle und organisatorische Massnahmen bei Breasy eingeleitet. Wir müssen die Garantie haben, dass Breasy im Sinne der Kunden und der KPT transparent arbeitet. Dazu gehört beispielweise eine saubere Deklaration. »