Dass Boni auch in den Spitälern gang und gäbe werden und letztlich die Therapien beeinflussen – dies war eine oft gehörte Befürchtung der letzten Jahre. Eine neue FMH-Erhebung unter knapp 1'500 Ärzten deutet jetzt aber an, dass die Entwicklung recht begrenzt sein dürfte.
Zwar ist es bei Leitenden Ärzten und bei Chefärzten tatsächlich Usus geworden, dass ein Bonus-Teil zum Lohn gehört. Doch die diesjährige Umfrage, jetzt veröffentlicht, zeigt im akutsomatischen Bereich eine Stagnation dieser Komponente – wenn nicht sogar einen Rückgang.
Konkret: 11 Prozent der Chefärzte und 26 Prozent der Leitenden gaben in der jüngsten Erhebung an, eine Bonuskomponente im Vertrag zu haben. 2015 waren es 19 Prozent der Chefärzte gewesen (also deutlich mehr) respektive 24 Prozent der Leitenden Ärzte (also ein Tick weniger). Die Zahlen gelten jeweils für die Akutsomatik.
Im Auftrag der FMH führt das Institut gfs.bern seit 2011 eine repräsentative Befragung bei der Spitalärzteschaft und im praxisambulanten Bereich in der Akutsomatik durch. Seit 2013 werden auch Ärzte und Ärztinnen der Rehabilitation und Psychiatrie befragt. In der aktuellen Erhebung 2017 befragte GFS 1'471 Medizinerinnen und Mediziner.
Damit wird eine (kleine) Erhebung erhärtet, welche der Chefärzte-Verband VLSS bereits
im Herbst publizierte. Sie ergab, dass der Anteil der Privatarzt-Honorare und ergebnisabhängigen Boni bei hochrangingen Kaderärzten seit 2002 stetig gesunken ist – nämlich von ursprünglich rund der Hälfte auf rund ein Drittel im Jahr 2011; und dass er zuletzt, 2016, nur noch bei 10 bis 20 Prozent des Gesamteinkommens lag.
Bei Assistenz- und Oberärzten sind Bonuskomponenten ohnehin nur marginal, so jetzt die neue FMH-Umfrage. Allerdings: Insgesamt verfügen tatsächlich immer mehr Mediziner über über variable und leistungsabhängige Lohnkomponenten. Die neue Untersuchung stellt nämlich auch fest, dass sie sich in der Reha- und in der Psychiatrie noch weiter zunehmen.
Anteil der Lohnkomponenten, akutsomatische Ärzte, nach Position | Quelle/Grafik: GfS/FMH
Insgesamt scheinen die Boni aber letztlich doch ein marginales Problem zu bilden. «In den letzten Jahren ist in der Akutsomatik insgesamt eher eine Abnahme der Gewinnoptimierung bei Diagnose- und Behandlungsentscheiden zu beobachten», schreiben die Studienautoren von Gfs.
Selten scheint also auch, dass Operationen durchgeführt werden, die aus medizinischer Sicht nicht notwendig waren: Die befragten Spitalärzte berichteten durchschnittlich von 1,5 Fällen innerhalb der letzten 30 Tage; und in zwei Fällen habe man bemerkt, dass Massnahmen aus Kostengründen nicht angewandt oder durch günstigere und weniger effektive Massnahmen ersetzt wurden.
Gewinnoptimierung? Gewiss
Interessant dabei: Je tiefer der Befragte in der Spital-Hierarchie ist, desto eher sagte er aus, solche Vorgänge zu beobachten. Die Assistenzärzte geben also einen höheren Wert an als die Chefärzte.
Den Druck zur Gewinnoptimierung misst die Umfrage auch durch eine direkte Frage. Danach stimmten 28 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass Diagnose und Behandlung so gefällt werden, dass der wirtschaftliche Gewinn optimiert wird. In der Akutsomatik stimmen zudem 17 Prozent der Befragten «sehr» oder «eher» zu, dass die Optimierung des Gewinns soweit geht, dass die beste medizinische Versorgung der Patienten nicht mehr erbracht werden kann.
In der Psychiatrie und der Rehabilitation liegt dieser Wert in der Tendenz höher.