FMH verabschiedet «Charta» zur Ärztegesundheit

Der Berufsverband der Ärzte will mit einer Grundsatzerklärung die Arbeitsbedingungen und Strukturen innerhalb des Schweizerischen Gesundheitssystems verbessern.

, 31. Mai 2022 um 05:39
image
  • ärzte
  • fmh
Die Corona-Pandemie brachte den Missstand zwischen hoher Belastung und geringem Ausgleich für alle im Gesundheitswesen beschäftigten Personen in aller Deutlichkeit ans Tageslicht. Die beobachtete hohe Belastung für das Gesundheitspersonal, das Fehlen sozialer Kontakte und Freizeitausgleich waren dabei keine Folgen der Pandemie, sondern die Verstärkung einer bereits bestehenden Problematik.
Die Behandlungsqualität für Patienten und ihre Versorgungssicherheit hängen auch direkt mit dem Gesundheitszustand der praktizierenden Ärztinnen und Ärzte zusammen. Doch lange Arbeitszeiten, hohe Verantwortung, Leistungsdruck, wenig Freizeit für Ausgleich und eine schlechte «Work-Life-Balance» führen in die Depression und in Erschöpfungszustände. Ärztinnen und Ärzte weisen zudem bekanntlich eine höhere Suizidrate als die Gesamtbevölkerung auf.

Gemeinsame Argumentationsbasis schaffen

Werden Ärztinnen und Ärzte krank, gehen sie oft nachlässig mit ihrer Genesung um. Studien zeigen, dass Ärztinnen und Ärzte mit Erkrankungen zur Arbeit kommen, die für sie Anlass wären, ihren eigenen Patientinnen und Patienten ein Arbeitsunfähigkeits-Zeugnis auszustellen.
Dieser Zustand will der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH nun ändern. Vor kurzem hat die Organisation eine «Charta» zur Ärztegesundheit verabschiedet. Das Ziel ist es, eine gemeinsame Argumentationsbasis gegenüber Entscheidungsträgern und der Politik zu schaffen. Damit soll die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und professionellen Strukturen innerhalb des Schweizerischen Gesundheitssystems erreicht werden. 

14 Kernaussagen und ein Hintergrundpapier

Erarbeitet wurden die Grundlagen durch eine Arbeitsgruppe mit Vertretungen verschiedener medizinischer Fachverbände, der FMH und dem Schweizerischen Institut für Weiter- und Fortbildung SIWF. Sie wurde bereits von mehr als 40 Personen und Verbänden unterzeichnet.
Die Charta umfasst 14 Kernaussagen und ein Hintergrundpapier. Das Dokument enthält Aussagen über Arbeitsbedingungen, Teamarbeit oder Leadership. Dort steht zum Beispiel:
  • «Die Selbstfürsorge und Selbstregulation wird von Beginn des Studiums bis zur Pensionierung praktiziert und gefördert.»
  • «Die psychosoziale Belastung, die von Ärztinnen und Ärzten getragen wird, muss anerkannt, adressiert und thematisiert werden.»
  • «Die Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten zu schützen, zu bewahren und zu fördern liegt in der Mitverantwortung von politischen, akademischen und beruflichen Institutionen.»
  • «Eine offene Kommunikationskultur, das Bewusstsein für Probleme in Zusammenhang mit Abhängigkeiten, Diskriminierungen oder Belästigungen muss gefördert werden.»
  • «Leadership muss befähigend, respektvoll und fürsorglich sein»
  • «Teamarbeit hilft , die emotionale und fachliche Belastung zu verteilen.»


Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

In Deutschland droht der nächste Ärzte-Streik

60'000 Spitalärzte prüfen den Ausstand. Womit die Streikwelle in Europas Gesundheitswesen bald den nächsten Höhepunkt erreichen könnte.

image

Einstimmig: Zürich soll Medizin-Studienplätze massiv ausbauen

Der Kantonsrat beauftragt die Regierung, zu berechnen, wie 500 zusätzliche Plätze geschaffen werden könnten.

image

Kein Geld und keine Zusammenarbeit mehr mit Tabakindustrie

Deutsche Ärzte wollen sich nicht mehr von Tabakherstellern beeinflussen lassen. Sie haben deshalb einen neuen Kodex vereinbart.

image

Britischer Arzt wollte mit falscher Covid-Impfung morden

Ein Arzt ist zu mehr als 31 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er wollte den Partner seiner Mutter mit einer Gift-Injektion umbringen.

image

Bilden Sie sich mit aktuellem Wissen in der Suizidprävention weiter

Ziel des neuen CAS Suizidprävention am Departement Gesundheit der ZHAW ist es, Suizidgedanken frühzeitig zu erkennen und Interventionen einzuleiten. Teilnehmende lernen dies in interprofessioneller Weiterbildung mit Fachpersonen aus Gesundheits-, Bildungs- und Sozialberufen.

image

Ehemaliger HUG-Chefarzt und Covid-Experte wechselt zu Privatspital

Jérôme Pugin wurde in Genf bekannt als Intensivmediziner und Symbolfigur im Kampf gegen Covid. Nun wird er medizinischer Direktor des Hôpital de La Tour.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.