Behandlungsverbot führte bei Ärzten zu massiven Verlusten

Die Covid-19-Pandemie hinterlässt bei den Arztpraxen Umsatzverluste, Mehrkosten und weniger Einkommen. Erstmals liegen nun konkrete Zahlen vor.

, 15. Oktober 2020 um 07:00
image
  • ärzte
  • praxis
  • coronavirus
  • fmh
  • urs stoffel
  • grundversorgung
Nicht nur die Spitäler müssen dieses Jahr Millionenverluste durch die Corona-Pandemie hinnehmen. Auch bei den Arztpraxen und ambulanten ärztlichen Zentren führte das Verbot nicht dringlicher Behandlung während des Lockdowns zu Verlusten von 117 Millionen Franken. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung in der «Schweizerischen Ärztezeitung».
Die Kurzarbeitsentschädigung für Angestellte sei in dieser Zahl bereits berücksichtigt, heisst es. Und die Erwerbs­ausfallentschädigung (EO) für Praxisinhaber sei de facto verwehrt beziehungsweise nur für ausgesprochene Härtefälle gewährt worden.

20 Prozent weniger Einkommen für Ärzte

Die verschärften Hygienemassnahmen und Abstandsregeln führen laut Urs Stoffel von der Ärzteverbindung FMH in Arztpraxen auch nach Aufhebung des Lockdowns zu anhaltenden Effizienzverlusten: So betrugen die Mindereinnahme auf Grund der tieferen Auslastung zwischen Mai bis Juli weitere 147 Millionen Franken. Gegenüber dem Vorjahr sind das Umsatzverluste von rund fünf Prozent, was auf das Jahr hochgerechnet zu Einkommenseinbussen von 20 Prozent in den Arztpraxen und ambulanten Zentren führen werde. 
image
Urs Stoffel (PD)
Zu den Einkommensverlusten kommen noch erhebliche Mehrkosten für die besonderen Schutzmassnahmen für das Praxispersonal hinzu, wie im Beitrag in der «Schweizerischen Ärztezeitung» weiter zu lesen ist: Verbrauchsmaterial, verlängerte Wechselzeiten, Mehrkosten für Triage, Beratungen und Instruktionen am Telefon oder vermehrte Arbeitsausfälle. All dies werde hochgerechnet weitere rund 445 Millionen Franken für dieses Jahr ausmachen.

Temporäre Tarifanpassung als Lösung

Für Urs Stoffel ist deshalb klar: Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte müssen wegen der Verluste mit einer Senkung ihrer Kosten reagieren, weil die Reservenbildung bei der Erbringung von OKP-Leistungen ausgeschlossen sei. Zudem dränge sich eine temporäre Tarifanpassung auf. Zur Finanzierung stehen ihm zufolge der Bund und die Krankenversicherer gemeinsam in der Pflicht: Der Bund, der die nicht dringend angezeigte medizinische Behandlungen verboten habe und die Versicherer, die für unveränderte Prämien weniger Kosten finanzieren müssten.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Arzt & Co.: Das Kinderarzthaus wird erwachsen

Die neu gegründete Firma Arzt & Co. eröffnet eine erste Hausarztpraxis in Baden. Sie ist ein Schwesterunternehmen der Kinderarzthaus-Gruppe.

image

Zürich bekommt eine neue Kantonsärztin, Appenzell sucht eine

Franziska Kluschke tritt im Februar in die Fussstapfen von Christine Maier.

image

Nidwalden: Praxisassistenz für die Pädiatrie

Assistenzärzte des Luzerner Kantonsspitals erhalten die Möglichkeit zu sechsmonatigen Einsätzen im Nachbarkanton.

image

Clinicum Alpinum Liechtenstein: Mitgründer tritt zurück

Marc Risch übergibt das Zepter an Pavel Ptyushkin.

image

Starthilfe bar auf die Hand: Deals zwischen Labors und Ärzten kosten Millionen

Während Labors die Mediziner mit Kickbacks belohnen, steigen die Kosten für Laboranalysen.

image

Das Ende des Numerus Clausus ist beschlossen

Trotz Widerstand von Bundesrat Guy Parmelin setzt das Parlament auf eine Alternative zum NC für angehende Schweizer Ärzte.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.