Vom Gesundheits- und Pflegewesen, über die Gastronomie bis hin zum Privatbereich – der Ausbruch von Sars-CoV-2 hat die Textilhygiene in vielen Bereichen in den den Fokus rücken lassen. Nun hat die Montfort University aus Leicester (England) im Auftrag von zahlreichen Textilverbänden, auch aus der Schweiz, die Überlebensfähigkeit des humanen Coronavirus OC43 (HCoV-OC43) untersucht. Zudem wurde das Waschverfahren für eine Inaktivierung des Virus geprüft, das eine ähnliche Gesamtstruktur wie Sars-CoV-2 aufweist.
Viren auf Textilien übertragbar
Das Ergebnis: Der getestete Coronavirus-Stamm (HCoV-OC43) blieb mindestens 72 Stunden lang auf Polyestergewebe, 24 Stunden auf hundertprozentiger Baumwolle und sechs Stunden auf einem gemischten Polycotton (50/50) infektiös. Katie Laird, Leiterin der DMU-Studie sagt, dass sich das Virus sogar bis zu 72 Stunden lang von Polyestergewebe auf andere Oberflächen übertragen lässt. Gemäss Medienmitteilung des Verbands Textilhygiene Schweiz (VTS) stellen Textilien ein Übertragungsrisiko dar.
Tot ab 40 Grad Celsius
Das Forscherteam fand weiter heraus, dass fast alle Waschvorgänge ab 40 Grad Celsius das Coronavirus effektiv beseitigen. Wichtig sind die Kombination von Bewegung, Temperatur und Waschmittel. Trotzdem warnt der VTS davor, potenziell infektiöse Textilien im häuslichen Umfeld zu waschen.
Der Grund: «Im Haushalt wird die verschmutze Wäsche meist mehrfach in die Hand genommen», so Saner. Man verwende den gleichen Waschkorb für die schmutzige sowie saubere Wäsche und die Waschmaschine stehe möglicherweise im Badezimmer oder in der Küche. «Daraus ergeben sich viele Möglichkeiten zur Kreuzkontamination.»
FMH: «Textilien tragen zur Infektionsprophylaxe bei»
Besonders problematisch sind laut Saner Textilien aus dem Gesundheits- und Pflegewesen. «Um eine Übertragung von Krankheitserregern auf Patienten oder die eigene Familie zu vermeiden, sollten diese nicht mit nach Hause genommen werden.»
Welche Hygiene-Vorschriften gelten denn für Schweizer Ärzte – wird Spitalkleidung etwa zu Hause gewaschen? Der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH schreibt auf Anfrage von Medinside, dass jeder Arzt und jede Ärztin verantwortlich für die Umsetzung der Massnahmen am Arbeitsplatz sei. Praxisärztinnen und -ärzte seien für die Umsetzung der Hygiene in ihrer Arztpraxis verantwortlich, die Spitalleitungen für die Umsetzung in den Spitälern.
«Der Einsatz und die Aufbereitung von Arbeits- und Schutzkleidung sind aus Sicht der Infektionsprävention ein wichtiges Thema, denn Textilien können wesentlich zur Infektionsprophylaxe beitragen», so der FMH. Sie seien deshalb Bestandteil der jeweiligen Hygienekonzepte in der Praxis wie auch im Spital. «Spitalkleidungen werden professionell und unter Berücksichtigung der Hygienevorschriften durch das Spital selbst oder ein professionelles zertifiziertes Reinigungsinstitut gewaschen.»
Corona und Textilien in den Betrieben
Die Corona-Pandemie hat die medizinischen Betriebe vor neue Herausforderungen gestellt. «Wie stark die hausinternen Vorschriften aufgrund von Covid verschärft wurden, variiert von Betrieb zu Betrieb und hängt vom Tätigkeitsbereich ab, sowie von den vor der Pandemie bereits vorliegenden Hygienekonzepten», schreibt der FMH weiter. Ein OP-Saal unterliege auch ausserhalb von Covid spezifischen Hygienevorschriften, die nicht vergleichbar seien mit denjenigen einer Sprechstunde in einer psychiatrischen Praxis.
«Zudem werden in Gefahrensituationen zusätzliche entsorgbare Schutzan- oder -überzüge verwendet. Nicht durch Infektionserreger verschmutzte Arbeitskleidung darf zu Hause gewaschen werden. In der Regel ist das Kleidung, die nicht für die Arbeit direkt am Patienten getragen wird. Interessant: Systematisch kontrolliert werden die Hygienemassnahmen, die in der Verantwortung der Aufsichtsorgane der Kantone liegen, nicht.
Hintergrund zur Studie
Die Forschung wird derzeit einem Peer-Review unterzogen und wird voraussichtlich in den nächsten Monaten in einem Open-Access-Journal veröffentlicht, damit jeder vollständig auf die Forschung zugreifen kann. Auftraggeber der Studie waren Textilpflegeverbände aus England, den Vereinigten Staaten, Schweiz, Belgien, Finnland, Norwegen und Deutschland.