Das schweizerische Gesundheitswesen ist im internationalen Vergleich eines der besten der Welt. Dieser Erfolg hat jedoch seinen Preis. Gemessen an den Kosten für das Gesundheitswesen relativ zum Bruttoinlandprodukt belegt die Schweiz mit 8'000 CHF pro Jahr und pro Kopf einen Spitzenplatz im internationalen Vergleich. Ein Faktor, welcher zu dieser Kostenproblematik beiträgt, ist die Preisbildung für medizinische Leistungen, Medikamente, Geräte und Behandlungen. Bei diesem Prozess sind die Behörden konstant involviert. So wird etwa die Preisbildung für kassenpflichtige Medikamente vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) kontrolliert. Swissmedic prüft Medikamente hinsichtlich Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität. Das BAG prüft wiederum unter Einbezug der Empfehlung der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK), ob ein Medikament wirtschaftlich ist. Letztlich liegt den Preisen für Medikamente damit schwergewichtig deren Kostenbasis zugrunde. Ähnliche Prozeduren der Preisbildung gelten auch für Labortarife, Mittel und Geräte sowie für die vielen Leistungs-Tarife. Dieser administrierte Preisbildungsprozess, massgeblich gesteuert durch die verschiedenen Behörden, führt permanent zu Kritik von den Kassen und Leistungserbringern. Als Resultat dieser intransparenten Preisbildung enden «Preise» resp. Tarife meist vor einer weiteren Behörde, nämlich den Gerichten.
Heutige Reformen bekämpfen oft die Symptome, aber nicht die Krankheit
Auch künftig werden die Kosten im Gesundheitswesen aufgrund der steigenden Lebenserwartung, von medizinischen Errungenschaften und wegen dem technologischen Fortschritt weiter ansteigen. Die meisten der Lösungsvorschläge aus der Politik sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, stellen jedoch eher eine Bekämpfung der Symptome anstelle der Ursachen dar. Was wir brauchen sind gänzlich neuartige, zukunftsgerichtete Rezepte, die wirksam dem Kostendruck entgegenhalten.
In den letzten 10 Jahren ist das Konzept der sogenannten «Value-Based Healthcare» in der Wissenschaft aufgekommen. Vor allem der Managementtheoretiker und Harvard Professor Michael E. Porter hat einen grossen Beitrag dazu geleistet. Laut Porter sind die Gesundheitswesen der Welt, und so auch der Schweiz ineffizient und müssen durch einen revolutionären Ansatz neu strukturiert werden. Der Fokus soll dabei auf den generierten Wert («value») für die Patienten gelegt werden. Dieser value setzt sich aus dem Ergebnis der Gesundheit des Patienten («outcome») pro eingesetzten Franken zusammen. Durch die Messbarkeit des values kann so ein Wettbewerb entstehen, welcher das Gesundheitssystem effizienter und transparenter machen soll. Das Denken in der Branche soll somit von einem «pay for service» zu einem «pay for performance» übergehen. Das in diesem System einhergehende Value-Based Pricing schafft sowohl für Anbieter von Medikamenten wie für Leistungserbringer (Spitäler, Ärzte) bessere Anreize, um möglichst innovative Medikamente und Behandlungsmethoden zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen. Denn nur diese erreichen einen möglichst hohen value. Je höher dieser value ist, desto höher die Entschädigung für Hersteller und Anbieter der Leistung. Die Folge für das Gesundheitswesen ist, dass deutlich mehr Transparenz über den value bestimmter Behandlungsmethoden hergestellt wird. An dem müssten eigentlich alle Leistungserbringer interessiert sein. Damit kann auf einer weiteren Ebene im Gesundheitswesen ein Wettbewerb organisiert werden, welcher schliesslich kostendämpfend wirkt.
Neue Technologien könnten den Durchbruch bringen
Die kontinuierliche Datenaufnahme der generierten values sollte «real-time» erfolgen. Damit kann ein permanenter Vergleich zwischen den Leistungserbringern sichergestellt werden. Dieser Datenaustausch zwischen den Akteuren der Gesundheitsbranche, welcher die Basis für das Value-Based Pricing darstellt, kann heute mit Hilfe der Blockchain-Datentechnologie und der Anwendung von sogenannten «smart contracts» organisiert werden. Diese Verträge ermöglichen den anonymen Datenaustausch ohne Einwirkungen einer zentralisierten Stelle. Somit werden die Transaktionen zwischen den Akteuren der Gesundheitsbranche dezentral auf der Blockchain veröffentlicht. Mithilfe dieser smart contracts und dem Value-Based Pricing soll der Patient als Kunde in den Fokus gestellt werden und neben einem Basispreis mehr oder weniger für eine Leistung bezahlen, je nachdem wie erfolgreich diese ist. Es gibt vielversprechende Versuche von Jungunternehmen, das Gesundheitswesen mit Hilfe der Blockchain Technologie in Richtung Value-Based Healthcare zu bringen. Heute brauchen wir disruptive Wege, um mittels transparenter Preisbildung im Gesundheitswesen den Kunden wieder besser ins Zentrum der Gesundheitsdienstleistungen zu rücken. Wenn dabei auch die Kostenzunahme endlich gedämpft werden kann, sollten wir uns umgehend daranmachen, den «Value-Based Healthcare»-Ansatz zu fördern.