Sieben Jahre nach Kepners experimenteller Operation muss die Transplantationsmedizin nun jedoch einen Rückschlag hinnehmen. Der 64-Jährige konnte seine Spenderhände nie nutzen und würde sie am liebsten wieder entfernen lassen. «Ich konnte meine Hände vom ersten Tag an nicht nutzen», sagte Kepner in einem
Interview mit dem US-Nachrichtenmagazin «Time».
Operation mit hohen Risiken
Durch die Transplantation von Gliedmassen soll ja vor allem die verlorene Funktionalität bei Patienten wiederhergestellt werden – doch der Eingriff führt in vielen Fällen bloss zu einer beschränkten Verbesserung. Ausserdem ist der Patient durch eine lebenslange Immunsuppression, die das hohe Risiko der Gewebeabstossung mindern soll, gefährdet.
Angesichts der Risiken stellt sich die ethische Frage, ob eine Transplantation gerechtfertigt ist. Zudem gibt es längst gute, funktionstüchtige Prothesen. Allogene Transplantationen von Gliedmassen werden deshalb meist nur bei sehr hohem Leidensdruck der Patienten erwogen. Weshalb den Patienten den psychischen Belastungen eines jederzeit offen sichtbaren Transplantats sowie dem lebenslangen Medikamentenkonsum aussetzen?
Eingriff wird in der Schweiz nicht bezahlt
Handtransplantationen bleiben deshalb bis heute auch in der Schweiz, wo jährlich 15 bis 20 Menschen durch Unfälle ihre Hände verlieren, umstrittene Therapieoptionen. Die Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK) hat aufgrund des mangelnden Wirksamkeitsnachweises, ethischer Bedenken und hoher Kosten
entschieden, Handtransplantationen nicht zu bezahlen.
Dennoch wird auch in der Schweiz an neuen Methoden zur lokalen Immunsuppression geforscht. Vor drei Jahren
vermeldeten Forscher des Inselspitals und der Universität Bern, dass im Laborversuch mit Ratten die systemische Immunsuppression durch eine lokale Behandlung der transplantierten Gliedmasse ersetzt werden konnte. Bereits eine einmalige Behandlung habe zu einer kompletten Verhinderung der Abstossungsreaktion geführt, hiess es. Das Berner Forschungsteam arbeitet auf das Ziel hin, Handtransplantationen ohne totale Immunsuppression zu ermöglichen – oder diese wenigstens zu reduzieren.
Doppelte Handtransplantation in England
Einen vorläufigen Erfolg konnten Chirurgen des Spitals
Leeds General Infirmary in Nordengland vor wenigen Tagen vermelden. Einem 57-jährigen Patienten, der vor drei Jahren bei einem Unfall mit einer Metallpresse alle Finger ausser den Daumen verloren hatte, wurden zwei Hände transplantiert. Chris King kann die Spenderhände bereits etwas bewegen, aber es bleibt abzuwarten, ob die erste doppelte Handtransplantation in Grossbritannien langfristig erfolgreich ist.
Prothesen bevorzugt
Der Amerikaner Jeff Kepner ist nicht der erste Transplantatempfänger, der die fremden Gliedmassen wieder loswerden möchte. 1998 wurde in Lyon Geschichte geschrieben, als dem Neuseeländer Clint Hallam in einer 13-stündigen Operation erfolgreich eine neue Hand verpflanzt wurde.
Der Erfolg war jedoch von kurzer Dauer: Die Hand wurde 2001 auf Hallams Wunsch wieder entfernt. Der Patient litt sowohl physisch als auch psychisch unter der neuen Hand, die kaum motorische Funktion aufwies. Er vernachlässigte die Physiotherapie und verweigerte die Einnahme von Immunsuppressiva, was schliesslich zu Abstossungsreaktionen führte.
Jeff Kepners Hände wurden 1999 nach einer durch eine Mandelentzündung ausgelösten Sepsis amputiert. Er trug die ersten zehn Jahre nach der Amputation Prothesen. Damit war er nach eigener Aussage zu 75 Prozent funktionsfähig, konnte arbeiten und Auto fahren. Mit den transplantierten Händen fühlt er sich zu «null Prozent funktionsfähig». An Arbeit oder Auto fahren ist nicht zu denken, er verbringt seine Tage vor dem Fernseher und ist für alles auf seine Frau Valarie angewiesen. Dennoch dürfte er auf die Amputation der transplantierten Hände verzichten. Nach den sieben Jahre andauernden Eingriffen fehlt im die Kraft für zusätzliche Operationen.