Darf ein Krankenversicherer für eine und dieselbe Mehrleistung auf unterschiedliche Tarife pochen? Die Frage stellt sich, weil Helsana gerade das tut. Konkret: Der Branchenleader führt zwei Typen von Spitalzusatzversicherungen: Eine mit und eine ohne freie Spitalwahl. Jene mit freier Spitalwahl ist nicht mehr auf dem Markt. Sie ist bestehenden Kunden mit Kündigungsschutz vorbehalten.
Freie Spitalwahl hat seinen Preis
Man könnte auch sagen, das neue Produkt ohne freie Spitalwahl ist weniger wert als das alte mit freier Spitalwahl. Also will Helsana für diese Produkte nicht den gleichen Tarif zahlen. Umgekehrt heisst das aber auch, dass die genau gleiche Mehrleistung eines Spitals von einem und demselben Versicherer unterschiedlich vergütet wird.
Je nachdem, ob Versicherte beim alten oder neuen Produkt der Helsana versichert sind, erhält das Spital für die exakt gleiche Leistung mehr oder weniger Franken.
Das Beispiel der Clinica Santa Chiara
Dazu das Beispiel für halbprivat Versicherte in der Clinica Santa Chiara in Locarno. Beim alten Produkt beträgt der Übernachtungspreis 220 Franken und beim neuen Produkt ohne freie Spitalwahl 180 Franken. Und die Basisrate fürs Arzthonorar beträgt 3000 beziehungsweise 2400 Franken.
Es sind dies Zahlen, die nach Angaben der Clinica Santa Chiara von der Helsana unterbreitet wurden. Direktorin Daniela Soldati hat das jedoch nicht unterschrieben, weshalb ihre Klinik nun auf der Negativliste der Helsana aufgeführt ist.
Ebenfalls die Venenklinik in Kreuzlingen befindet sich auf der schwarzen Liste des Krankenversicherers mit Sitz in Zürich. «Für Patienten, die beim neuen, also beim günstigeren Produkt versichert sind, verlangt Helsana von uns eine Reduktion von 20 Prozent – sowohl bei der Hotellerie wie beim Arzthonorar- bei gleicher Leistung nota bene. Das kann ich nicht akzeptieren», erklärt
hier Chefarzt und Klinikdirektor Jürg Traber im Interview mit
Medinside.
Die Finma will sich nicht festlegen
Deshalb die Frage an die Finanzmarktaufsicht: Ist das rechtens? «Es können keine Aussagen zu hypothetischen Fällen gemacht werden, es gilt immer die konkreten einzelnen Fälle zu beurteilen», weicht die Finma in ihrer Antwort aus.
Grundsätzlich seien Versicherungsunternehmen frei, Verträge nach Privatrecht mit Leistungserbringern abzuschliessen. Doch die Finma erwarte von den Anbietern von Krankenzusatzversicherungen unter anderem, «dass sie nur Abrechnungen für echte Mehrleistungen ausserhalb der obligatorischen Krankenversicherung akzeptieren, und dass sie zudem sicherstellen, dass die Mehrleistung in einem angemessenen Verhältnis zu den verrechneten Kosten steht.»
In ihrer schriftlichen Stellungnahme erklärt die Finma aber auch, dass sie mit ihrer Aufsichtstätigkeit mögliche Missbräuche und Diskriminierungen zwischen Versicherten in der Krankenzusatzversicherung verhindern will. Als Beispiel nennt sie Quersubventionierung zwischen Produkten oder Tarifen.
Mit anderen Worten: Wie weit die Strategie von Helsana als Quersubventionierung und damit als missbräuchlich taxiert werden kann, ist nicht klar. Es macht ganz den Anschein, dass sich die Aufsicht mit dieser Frage noch nicht befasst hat.