Ist Grüntee wirklich so gesund?

Die im Grüntee enthaltenen Catechine seien nicht Antioxidantien, sondern viel mehr Pro-Oxidantien. Zu diesem Schluss kommen Forscher der ETH Zürich.

, 4. November 2021 um 15:10
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Er ist milder und besser verträglich als Kaffee: Grüner Tee gilt als gesundheitsfördernd und sogar als lebensverlängernd. Vor allem den darin enthaltenen Catechinen – ECG und EGCG – wird letztgenannte Wirkung zugesprochen.
Die beiden Substanzen ECG und EGCG zählen zur Gruppe der Polyphenole und gelten als Antioxidantien, welche die Zellen vor oxidativem Stress (s. Box) schützen – davon gingen Forscher bislang aus.

Das zeigten die Studienergebnisse 

Eine neue Studie, über die das Fachportal «Bionity» berichtete, kommt jedoch zu einem überraschenden Ergebnis: Die Catechine aus dem Grüntee unterdrücken oxidativen Stress nicht – sie fördern ihn.
Die Studienautoren – Forscher der ETH Zürich und Kollegen der Universität Jena – untersuchten den Wirkmechanismus der Catechine im Fadenwurm C. elegans. Sie kamen zu folgendem Schluss: Die Polyphenole respektive Catechine erhöhen den oxidativen Stress zuerst kurzfristig, was später die Abwehrfähigkeit des Organismus’ steigert.
Grüntee-Polyphenole respektive Catechine seien demnach nicht Antioxidantien, sondern viel mehr Pro-Oxidantien, die ähnlich wie eine Impfung die Abwehrfähigkeit des Organismus verbesserten, erklärte der Studienleiter Michael Ristow, Professor für Energiestoffwechsel am Departement Gesundheitswissenschaften der ETH Zürich.

Körpereigene Antioxidantien 

Die Abwehrfähigkeit wird jedoch nicht durch das Immunsystem gesteigert, sondern durch die Aktivierung von Genen, die bestimmte Enzyme (z.B. Superoxid-Dismutase) hervorbringen. Wie aus der Studie hervorgeht, haben diese Enzyme in den Fadenwürmern die freien Sauerstoffradikale inaktiviert – sie sind sozusagen körpereigene Antioxidantien. Die Erkenntnisse lassen sich gemäss des Studienleiters gut auf den Menschen übertragen.

Grün- oder Schwarztee? 

Wie das Fachportal «Bionity» schreibt, empfehle der ETH-Professor, täglich grünen Tee zu trinken. Grüntee sei dem Schwarztee vorzuziehen, da der Catechingehalt im Schwarztee viel geringer sei als im Grüntee. Die Fermentation zerstöre die eingangs erwähnten Substanzen ECG und EGCG weitgehend.
Vorsicht sei bei Grüntee-Extrakten oder -Konzentraten geboten. Denn: Ab einer gewissen Konzentration wird es toxisch. Dem ETH-Professor zufolge hemmen hochdosierte Catechine die Mitchondrien so stark, dass dies zum Zelltod führt, was insbesondere in der Leber gefährlich werden kann. Wer diese Polyphenole in zu hohen Dosen zu sich nehme, riskiere Schäden an Organen.
Oxidativer Stress gilt als mitverantwortlich für den Alterungsprozess und ist an der Entstehung verschiedener Krankheiten beteiligt. Als oxidativer Stress bezeichnet man eine Stoffwechsellage, die durch eine hohe Konzentration an reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) gekennzeichnet ist. 
ROS sind Sauerstoff-enthaltende Moleküle mit sehr grosser chemischer Reaktionsbereitschaft, die aufgrund ihrer Reaktivität schädlich für den Organismus sind. Zu seinem Schutz stellt der Organismus den ROS Antioxidantien gegenüber. Die Antioxidantien führen dazu, dass radikalische Kettenreaktionen abgebrochen werden, indem sie selbst ein Elektron abgeben oder aufnehmen, dabei jedoch nicht weiter reagieren oder zumindest weniger aggressiv weiter reagieren bzw. die Sauerstoffspezies enzymatisch abbauen. 
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