Das Spital Bülach sorgte in den letzten Monaten immer wieder für Schlagzeilen: Die Entlassung von Chefarzt Nic Zerkiebel liess die Wogen hochgehen. Verschiedene Seiten kritisierten den Entscheid massiv, die Belegschaft protestierte auf der Strasse und Ärztinnen und Ärzte forderten den Rücktritt von Spitaldirektor Rolf Gilgen. Grund für die Kündigung des Chefarztes der Inneren Medizin waren offiziell «unterschiedliche Auffassungen in der strategischen Ausrichtung» des Spitals.
Die Situation im Spital ist angespannt. Der Verwaltungsrat kommt nun «gemeinsam» mit Gilgen zum Schluss, dass «ein Zurückfinden zum normalen Betrieb ein Wechsel in der operativen Führung unabdingbar sei.» Rolf Gilgen (1958), seit sieben Jahren Spitalchef in Bülach, geht deshalb per Ende November frühzeitig in Pension, wie das Spital am Donnerstag mitteilt.
VR-Mitglied übernimmt ad interim
Dieser Entscheid – «im Einvernehmen» mit Rolf Gilgen – ermögliche nach Meinung des Verwaltungsrats «einen wichtigen Schritt zur Beruhigung der Situation.» Das oberste Spitalorgan hält aber auch fest, dass der Verwaltungsrat die Meinung dieser Kritiker in vielen Punkten nicht teile.
Per sofort übernimmt Urs Müller die operative Leitung des Regionalspitals. Der 59-jährige Arzt sitzt seit Anfang 2016 im Verwaltungsrat der Spital Bülach AG. Der Orthopäde arbeitete in verschiedenen Spitälern, unter anderem als Chief Medical Officer bei der Privatklinikgruppe Hirslanden. Heute ist er selbständiger Unternehmer im Gesundheitswesen.
Spital will weitere Massnahmen in die Wege leiten
Die definitive Nachfolge werde ausgeschrieben, steht in der Mitteilung weiter zu lesen. Es sei das Ziel des Verwaltungsrats, die Stelle im Laufe von 2021 zu besetzen.
Das Gremium erachte es zudem als seine Aufgabe, rasch weitere Massnahmen in die Wege zu leiten, damit das Spital mit seinen 1'200 Mitarbeitenden wieder in ruhigeres Fahrwasser komme. Informationen dazu sollen in den kommenden Tagen folgen.
Ärzte zeigen sich mit dieser Lösung unzufrieden
Ob diese angekündigte Lösung zu einer Beruhigung führt, ist allerdings offen. Die Ärztegesellschaft des Zürcher Unterlandes (Azul) ist damit jedenfalls nicht zufrieden: Sie wiederholen in einer Stellungnahme ihre Forderung, dass auch Verwaltungsratspräsident Christian Schär seinen Posten verlassen müsse. Denn beide würden die Verantwortung für die Fehler und die mangelnde Kommunikation tragen.
«Wir sind nicht bereit, mit einem solchen Verwaltungsratspräsidenten zusammenzuarbeiten, ebenso wenig mit einem Mitläufer aus dem inneren Kreis als Interims-CEO», schreibt der Azul-Vorstand. Die Ärzte kritisieren ferner den «spärlich bekannten Lebenslauf» von Urs Müller: Er habe keinerlei Führungserfahrung für einen Betrieb mit 1 200 Mitarbeitenden.
So sei kein Neubeginn möglich
Müller geniesse ausserdem wie VR-Präsident Christian Schär weder Rückhalt beim Spitalpersonal noch bei den Zuweisern – und stehe in keiner Art und Weise für einen Neubeginn, heisst es weiter. Die Ärztinnen und Ärzte der Azul drohen weiter damit, die Haltung als Zuweisende zu überdenken, sollte der «unhaltbare Zustand» noch lange anhalten.