Kosten für Psychotherapie steigen nach Systemwechsel stark an

Psychologen können neu direkt mit den Krankenkassen abrechnen. Die Kosten könnten sich bis Ende Jahr auf zusätzliche 200 Millionen Franken belaufen.

, 11. Juni 2023 um 11:27
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Mit dem Systemwechsel wollte der Bund Versorgungsengpässe abbauen. | Freepik
Seit dem Sommer 2022 können Psychologinnen und Psychologen ihre Leistungen direkt mit den Krankenversicherern abrechnen. Erstmals liegen Zahlen zum Kostenanstieg in der Grundversicherung durch den Systemwechsel vor. Die Kosten für psychologische Beratungen haben bereits jetzt um rund 40 Prozent zugenommen, wobei die Rechnungen der frei praktizierenden Psychologen stärker zugenommen haben als jene der delegiert arbeitenden. Der Krankenkassenverband Santésuisse bestätigt gegenüber der «NZZ am Sonntag» den Kostenschub.
Ein Vergleich zeigt: Im Referenzmonat April wurden bereits fast 45 Millionen Franken für psychologische Leistungen aus der Grundversicherung bezahlt, vor dem Systemwechsel waren es durchschnittlich 32 Millionen Franken pro Monat. Es wird erwartet, dass sich die Mehrkosten bis Ende Jahr auf rund 200 Millionen Franken und längerfristig auf 400 Millionen Franken oder mehr pro Jahr belaufen könnten.

Prognosen waren falsch

Die Gründe für den Kostenanstieg liegen darin, dass Patienten, die bisher nicht delegierte Psychologen konsultiert haben und über eine Zusatzversicherung abgerechnet wurden, neu über die Grundversicherung abgerechnet werden. Zudem haben die Psychologen eine Tariferhöhung von 135 auf 155 Franken pro Stunde ausgehandelt.
Mit dem Systemwechsel vom Delegations- zum Anordnungsmodell wollte der Bund Versorgungsengpässe abbauen und den Zugang zur Psychotherapie erleichtern. Doch schon jetzt zeigt sich: Die Prognosen des Bundes waren falsch und die tatsächlichen Kosten sind höher als erwartet. Gerechnet wurde mit kurzfristigen Mehrkosten von 100 Millionen und langfristigen Mehrkosten von 270 Millionen.

Pschologenverband: Anstieg gering

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Schweizerische Psychologinnen- und Psychologenverband haben noch keine verlässlichen Prognosen, weisen aber darauf hin, dass der Ausbau des Angebots und die raschere Versorgung mit Psychotherapie zu einer Kostensteigerung führen werden. Allerdings wird argumentiert, dass dieser Anstieg im Vergleich zu den Gesamtkosten des Gesundheitswesens gering sei und dass durch eine frühzeitige psychotherapeutische Behandlung langfristig Kosten eingespart werden könnten.
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