Um die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig zu sichern und die Resistenzbildung einzudämmen, hat der Bundesrat 2015 eine nationale Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) lanciert. Diese Massnahmen zeigen in der Schweiz in allen Bereichen nach und nach Wirkung.
Den positiven Trend in der Schweiz bestätigt die Überwachung des Antibiotikaverbrauchs und der Antibiotikaresistenzen: Der «Swiss Antibiotic Resistance Report» des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zeigen einen Rückgang in wichtigen Bereichen.
Wert um knapp 20 Prozent gesunken
Von 2019 bis 2021 sank der Verbrauch in der Humanmedizin um 19 Prozent. Eine bessere Hygiene wie beispielsweise vermehrtes Händewaschen, Desinfizieren und das Tragen eines Mundschutzes sowie die Reduktion von Kontakten während der Covid-19 Pandemie sollen laut BAG eine wichtige Rolle gespielt haben.
«Vor der Covid-19 Pandemie war der Verbrauch beim Menschen im Zeitraum zwischen 2010 und 2019 in etwa stabil, es konnte aber eine deutliche Reduktion beim Einsatz der kritischen «Watch»-Antibiotika erreicht werden», schreibt das BAG im
Communiqué.
Mehr Pillen in der Romandie
Die Schweiz gehört im europäischen Vergleich weiterhin zu den Ländern mit dem niedrigsten Verbrauch. Indes gibt es jedoch ausgeprägte regionale Unterschiede:
In den französisch- und italienischsprachigen Regionen ist der Antibiotikaverbrauch pro Einwohnerin beziehungsweise Einwohner im Schnitt deutlich höher als in der Deutschschweiz.
Die meisten Antibiotika wurden 2021 bei Harnwegsinfekten (40 Prozent) eingesetzt, gefolgt von Erkrankungen der oberen Atemwege (23 Prozent).
Weniger Antibiotika bei Tieren
Tierärztinnen und Tierärzte haben 2021 rund 6 Prozent weniger Antibiotika verschrieben als 2019. Seit 2012 konnten die Antibiotikaverschreibungen im Veterinärbereich sogar um etwa die Hälfte reduziert werden. Der Verbrauch von sogenannten kritischen Antibiotika, die für die Humanmedizin besonders wichtig sind, ging zwischen 2019 und 2021 weiter zurück; seit 2016 ist ein Rückgang um fast die Hälfte erreicht worden.
Die erhobenen Resistenzdaten in Human- und Tiermedizin zeigen unterschiedliche Entwicklungen: Bei einigen Bakterien hat die Antibiotikaresistenz deutlich zugenommen, während sie bei anderen stabil geblieben oder gesunken ist. Insgesamt zeichnet sich in den letzten Jahren eine Stabilisierung der Resistenzraten ab.
Massnahmen in mehrern Bereichen
In den vergangenen Jahren wurden in der Human- und der Tiermedizin, aber auch in der Landwirtschaft wichtige Massnahmen umgesetzt, um den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren und Resistenzbildungen zu vermindern.
Tierärzte müssen seit Oktober 2019 alle Verschreibungen mit Antibiotika im «Informationssystem Antibiotika in der Veterinärmedizin» (IS ABV) eingeben.
Ein ausgebautes Netzwerk in der Humanmedizin erlaubt eine bessere Überwachung des Antibiotikaeinsatzes beim Menschen. So können beispielsweise neu entwickelte Weiterbildungsmodule zum sachgemässen Antibiotikaeinsatz gezielt eingesetzt werden.
Abwasser gereinigt
Der Eintrag von Antibiotika in Gewässer wird durch den Ausbau von Abwasserreinigungsanlagen mit zusätzlichen Reinigungsstufen in Zukunft massiv gesenkt.
Nach dem Vorsorgeprinzip gilt: je weniger Antibiotika in der Umwelt, desto besser. Das Ausbauprogramm startete 2016, 2020 wurden bereits elf Pozent der Schweizer Abwässer in einer solchen Behandlungsstufe gereinigt, bis 2040 sollen es 70 Prozent sein.
Messungen im Rhein zeigen, dass die Konzentration von Antibiotika durch diese Behandlung deutlich gesenkt wird.
Human- und Tiermedizin: Gründe für den gemeinsamen Bericht
Die Entstehung resistenter Bakterien ist ein weltweites Problem für Mensch und Tier. Kommt es zu Infektionen mit multiresistenten Bakterien, können sie mit Antibiotika nur noch schwer oder manchmal gar nicht mehr behandelt werden.
Bei den Antibiotikaresistenzen ist die Gesundheit von Mensch und Tier eng miteinander verbunden. So wurden im NFP 72 unter anderem Übertragungen resistenter Erreger zwischen Patientinnen und Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassenen wurden, und ihren Angehörigen sowie zwischen Mitarbeitenden in Tierkliniken und den dort behandelten Tieren nachgewiesen.
Fachpersonen aus verschiedenen Bereichen arbeiten vermehrt nach dem sogenannten One-Health-Ansatz zusammen und suchen gemeinsam nach Lösungen von komplexen Gesundheitsproblemen. Der «Swiss Antibiotic Resistance Report» folgt diesem Ansatz und analysiert die Daten aus allen Bereichen in einem gemeinsamen Bericht.