Nach einem von Covid geprägten 2021, waren die Gesundheitsakteure auch 2022 mit zahlreichen Herausforderungen und Unsicherheiten konfrontiert: Coronavirus, Impfstoffe, Kapazitätsengpässe in den Spitälern und Praxen, volle Notfallstationen, Post Covid, neue Spitallisten, Tarifstreits, rote Zahlen, Kostendruck, Strommangel, Wirtschaftskrise und allem voran der Fachkräftemangel sorgten für Schlagzeilen.
Nun neigt sich das Jahr dem Ende zu – der richtige Moment, Bilanz zu ziehen und einen Blick nach vorne zu werfen: Die Redaktion wollte wissen, welches Thema, neben dem Fachkräftemangel, 2022 besonders beschäftigte und was sich Spitäler, Spitalgruppen und Verbände vom Gesundheitswesen Schweiz im 2023 wünschen.
Rückblick und Neujahrswünsche
«Es braucht es Sofortmassnahmen, die den Pflexit stoppen»
Yvonne Ribi, Geschäftsführerin Berufsverband der Schweizer Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK. | SBK
Yvonne Ribi, Geschäftsführerin Berufsverband der Schweizer Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK: «Die Pflege in der Schweiz steht in allen Bereichen vor der Herausforderung, trotz fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen. Das bedeutet, dass wir gerade wegen der kürzlich beschlossenen Ausbildungsoffensive insbesondere den Pflegenden Sorge tragen müssen, die aktuell noch im Beruf arbeiten.
Sieht man die Ausstiegsquoten an, ist es nämlich nicht selbstverständlich, dass sie im Beruf verbleiben. Bis zur Umsetzung vom Paket zwei der Pflegeinitiative, welches anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen, eine angemessene Finanzierung und Weiterentwicklungsmöglichkeiten beinhalten soll, braucht es Sofortmassnahmen, die den Pflexit stoppen und die Versorgung sichern.
Konkret soll von den Kantonen flächendeckend in Massnahmen investiert werden, welche den Pflegenden mehr Erholungszeit, mehr Zeit für die Patient:innen, mehr Geld im Portemonnaie und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen.
Hier muss die geeinte Sozialpartnerschaft alle Kantone in die Pflicht nehmen. Denn wenn weiterhin hunderte von Betten geschlossen sind, weil tausende Stellen nicht besetzt werden können, ist es fraglich, ob der Versorgungsauftrag von den Institutionen noch eingehalten werden kann. Und das widerspricht dem verfassungsmässigen Auftrag, dass Bund und Kantone für eine ausreichende, allen zugängliche Pflege von hoher Qualität sorgen müssen.»
«Es gibt Lösungen, die nicht einmal teuer sind»
Angelo Barrile, Präsident Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte. | zvg
Angelo Barrile, Präsident Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte VSAO: «Die Gesundheitsversorgung in der Schweiz ist in einer prekären Verfassung. Wegen des akuten Fachkräftemangels stehen weniger Spitalbetten zur Verfügung. Auch im ambulanten Sektor ist es schwierig, Termine zu erhalten, besonders in der Grundversorgung.
Die Bevölkerung wächst, sie wird älter und dementsprechend steigen auch die Ansprüche an das Gesundheitswesen. Ich wünsche mir, dass Politik und Gesellschaft diese Tatsache anerkennen und die Herausforderungen, die sich daraus ergeben, 2023 ernsthaft und mit Dringlichkeit angehen.
Konkret müssen die Arbeitsbedingungen von Assistenz- und Oberärzt:innen sowie von Pflegefachkräften und dem übrigen Gesundheitspersonal verbessert werden. Wir benötigen diese Fachpersonen dringend und sind darauf angewiesen, dass die Gesundheitsberufe attraktiv bleiben – auch für die junge Generation.
Die Arbeitszeiten müssen sinken, Teilzeitarbeit muss möglich sein, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben muss sich verbessern. Es gibt Lösungen, die nicht einmal teuer sind. Beispielsweise kann durch eine bessere Dienstplanung viel erreicht werden oder auch durch eine Reduktion der administrativen Aufgaben, die von Ärzt:innen erledigt werden müssen. Der VSAO hilft gerne bei der Ausarbeitung und Umsetzung solcher Massnahmen.»