«Die Spitalkosten-Zusatzversicherungen privat und halbprivat sind ein Auslaufmodell»: Zu lesen war dieser Titel in der Wirtschaftszeitung «Cash», als sie noch als Print-Produkt zu haben war. Das war am 10. November 2005.
Genauso stand es vor Jahresfrist
hier auf Medinside, nachdem Comparis damals den Rückgang der Abschlüsse für Spitalkostenzusatzversicherungen vermeldete.
Und heute nun das Déja-vu: «Spitalzusatzversicherungen im Sinkflug», schreibt der Vergleichsdienst in einer Mitteilung.
Eine Analyse der Offertanfragen zeigte über die letzten fünf Jahre einen klar negativen Trend bei der Nachfrage nach Spitalzusatzversicherungen:
Die grösste Nachfrage ist laut Comparis beim Zusatz «Spital Allgemein ganze Schweiz» zu beobachten. 12 Prozent der Offertanfragen betrafen dieses Produkt. An zweiter Stelle folgte «Notfälle im Ausland» mit einem Anteil von 11,6 Prozent an den Zusatzversicherungs-Offerten.
Zahnstellungskorrektur
Die Nachfrage ist das eine; der Zuwachs an Offertbestellungen etwas anderes: Hier verzeichnen Versicherungsdeckungen für Zahnstellungskorrekturenseit seit Aufschaltung des Zusatzversicherungsvergleichs die höchsten Steigerungsraten. Gemessen am gesamten Volumen sind das aber bloss 1,8 Prozent aller Suchanfragen.
Wie schon im letzten Jahr wächst auch das Interesse an der Psychotherapie mit einem Plus von 38 Prozent seit 2019/2020. Hier beträgt der Anteil knapp 6 Prozent.
Zurück zu den Spitalkostenzusatzversicherungen: Mit ein Grund für die rückläufige Nachfrage ist auch der Trend zur Ambulantisierung. Für Felix Schneuwly von Comparis ist es darum «höchste Zeit, dass Krankenzusatzversicherungen nicht mehr zwischen ambulant und stationär unterscheiden.»
Fehlende Marktreife
Dazu ist zu vermerken, dass die Krankenversicherer schon längst an Versicherungsprodukte für ambulante Eingriffe herumtüfteln. Vor über zehn Jahren, im September 2013, lancierte Helsana mit Primeo ein Produkt, das die freie Arztwahl für ambulante Operationen garantierte. Der Erfolg bleibt überschaubar. In der Branche hiess es, der Markt sei noch nicht reif dafür.
Im November 2021 erklärte
hier Thomas Boyer, CEO von Groupe Mutuel, man werde neue Produkte lancieren. Sie sollen die freie Arztwahl, eine prioritäre Behandlung für den operativen Eingriff und die Gewähr garantieren, für die ganze Behandlung vom gleichen Arzt, der gleichen Ärztin, betreut zu werden. Aufs Produkt wartet man noch immer.
Tarifschutz
Ein Problem liegt auch darin, dass im Krankenversicherungsgesetz (KVG) ein Tarifschutz gilt. «Dieser Tarifschutz kommt einem Verbot von Zusatzversicherungen im ambulanten Teil gleich», erklärte der frühere Sanitas Chef Otto Bitterli
hier im Interview. Würde dieser Tarifschutz wegfallen, würde die Verlagerung stationär zu ambulant schneller vonstatten gehen. Das würde automatisch neue Versicherungsmodelle nach sich ziehen.